Im Februar haben wir uns in unserer Reihe #ExplainIT bereits mit dem Thema Industrie 4.0 beschäftigt. Die Auswirkungen dieser vierten industrielle Revolution auf unsere Arbeitsformen und Arbeitsverhältnisse wird oft mit dem Begriff Arbeit 4.0 umschrieben. Was das genau bedeutet, erklären wir in diesem Beitrag:
Wie permanente Vernetztheit die Arbeit verändert
Die digitale Transformation, der demografische Wandel, Innovations- und Wissensökonomie, Industrie 4.0 sowie Individualisierung und Wertewandel sind eng miteinander verwoben und äußerst vielfältig. Gemeinsam verändern sie die Art, wie wir heute und in Zukunft arbeiten. Im Wesentlichen geht es beim Begriff Arbeit 4.0 also darum, dass sich die Arbeitsabläufe und -strukturen in allen Branchen mehr und mehr den Veränderungen anpassen müssen. Bereits heute gehen immer mehr traditionelle Berufe durch moderne Produktionsprozesse verloren.
Die zentrale Frage dabei ist, welche neuen Tätigkeiten der Mensch übernehmen wird, wenn Routineaufgaben und Prozesse zunehmend von integrierten, automatisierten und digitalen Systemen erfüllt werden? Welche Berufe werden digitalisiert? Was für Tätigkeiten treten an ihre Stelle? Dadurch sind einerseits geringer qualifiziertere Berufe mit hohem Anteil an Routinetätigkeit gefährdet. Andererseits stellt sich die Frage, welche Fähigkeiten zukünftige Fachkräfte haben müssen, um in einer digital vernetzten Arbeitswelt Karriere zu machen. Arbeit 4.0 bedeutet, dass wir für die andere Aufgaben einer digitalen Arbeitswelt komplexes Know-how brauchen. Lebenslanges Lernen, um mit der Technik Schritt zu halten, ist eine Konsequenz.
Damit werden gut ausgebildete Spezialistinnen und Spezialisten zum Erfolgsfaktor von Organisationen, und im digitalen Wettbewerb mithalten zu können. Das führt wiederum zu der Frage, wie ein Unternehmen oder eine Behörde auszusehen muss, um für genau diese Fachkräfte attraktiv zu sein. An dieser Stelle spielt bei der Arbeit 4.0 die Wertekultur eines Unternehmens eine entscheidende Rolle.
Letztlich kann die Digitalisierung auch direkt das Arbeiten beeinflussen. Smartwatches messen bereits heute Bewegungs- und Stresslevel. Technik kann also Überlastung erkennen oder auch bei körperlich anstrengenden Tätigkeiten Unterstützung bieten. Auch dieses bislang nur zaghaft angegangene Feld der Kombination von Sensoren und Arbeitskraft ist Arbeit 4.0.
Arbeit 4.0 – Was gab es davor?
Die Organisationsformen von Arbeit in der beginnenden Industriegesellschaft zum Ende des 18. Jahrhunderts war die erste große Veränderung von Arbeitsformen und -weisen und wird als „Arbeit 1.0“ bezeichnet. Sie war geprägt durch den Einsatz der Dampfmaschine und mechanische Produktionsanlagen. Durch die industrielle Massenproduktion veränderte sich die Arbeitsgestaltung erneut. Zu den Anfängen des Wohlfahrtsstaats zum Ende des 19. Jahrhunderts spricht man von „Arbeit 2.0“. Die soziale Marktwirtschaft mit der Konsolidierung des Sozialstaats und der Arbeitnehmerrechte umfasst die „Arbeit 3.0“.
Durch den digitalen Wandel erleben wir erneute eine große Veränderung von Arbeit. Die heutige Gesellschaft vollzieht einen Wandel zur Wissensgesellschaft. Diese wird als der Nachfolger der Industriegesellschaft verstanden. Ursache ist der zunehmende Einsatz anspruchsvoller Technologie in der Wirtschaft sowie die Verlagerung von Wertschöpfung und Arbeitsplätzen vom Industrie- in den Dienstleistungssektor.
Nicht jede dieser Entwicklungen ist bereits heute vorhersehbar. Gerade im Hinblick auf die Digitalisierung befinden wir uns noch in vielerlei Hinsicht „im Blindflug“. Dennoch ist es für Politik und Unternehmen unabdingbar, bereits heute Handlungsansätze zu identifizieren, um proaktiv den Herausforderungen und Problemen, die sich bereits zeigen, zu begegnen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bietet zum Beispiel mit dem Dialogprozess Arbeiten 4.0 einen Rahmen für einen teils öffentlichen, teils fachlichen Austausch über die Arbeit 4.0.
Flexibilisierung lässt die Grenze zwischen Privat und Beruf verschwimmen
Im Zusammenhang mit Arbeit 4.0 wird derzeit wohl am meisten über die Flexibilisierung von Arbeitszeit und Arbeitsort diskutiert. Mit Notebook und Smartphone kann heute theoretisch in vielen Berufen von jedem beliebigen Ort auf der Erde im Team an einem Projekt gearbeitet werden. Vorausgesetzt eine Internetverbindung ist gegeben.
So schön, wie diese Vorstellung für manche doch klingt – sie birgt aber auch Risiken und Schwierigkeiten: Durch die Nutzung des Internets und insbesondere der sozialen Medien verschwimmen die Grenzen zwischen Privatem und Beruflichen immer mehr. Da Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer und Beschäftigte theoretisch zu jeder Zeit erreichbar sind, kommt es zu einer Steigerung von Stresssituationen. Betriebliche Anforderungen an die durch die Technik gewonnene Flexibilität kollidieren mit individuellen Bedürfnissen der Beschäftigten in unterschiedlichen Lebensphasen, wie etwa der Familiengründung oder der Pflege von Angehörigen.
Diese individuellen Lebensphasen sind nur in Arbeitsmodellen mit hoher Zeitautonomie positiv zu gestalten, wie zum Beispiel Teilzeit, Homeoffice oder Gleitzeitmodelle. Jedoch sind Beschäftigte ebenso selbst dafür verantwortlich, den beruflichen Erfolg nicht im Übermaß über die eigenen Bedürfnisse zu stellen. Das betriebliche Gesundheitsmanagement ist gefordert, hierbei zu unterstützen. Oft spricht man von einer angestrebten Work-Life-Balance, also einem Idealzustand, in dem Privatleben und Arbeitsalltag in ausgeglichenem Verhältnis stehen.
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