Crowdtesting – damit Online-Angebote auf allen Endgeräten gut funktionieren

8. November 2022
Ein Beitrag von Dr. Mark Menzel

Die digitalen Angebote der Landeshauptstadt München (LHM) werden immer häufiger über Smartphones und Tablets abgerufen. Dabei ist die technische Komplexität dieser Systemlandschaft hoch. Ständig gibt es neue Updates für Hardware, Betriebssysteme und Browser. So müssen Tests mit einer hohen Anzahl an Personen und mobilen Endgeräten durchgeführt werden. Hier kommt die Idee eines sogenannten Crowdtesting ins Spiel. Dr. Mark Menzel, LHM-Testmanager, berichtet über erste Pilotierungen und die wichtige Rolle der Nachwuchskräfte dabei.

Crowdtesting als Antwort auf hohe Komplexität

Der englische Begriff „Crowd“ bedeutet (Menschen-)Menge. Crowdtesting bedeutet also eine Erprobung durch eine größere Anzahl von Menschen. Dabei geht es insbesondere um die technische Vielfalt der Endgeräte mit ihrer enorm großen Bandbreite an Kombinationen hinsichtlich Hersteller, Displaygrößen Betriebssystem, Version, Browser und Provider.

Im Testmanagement der LHM entstand die Idee mit Nachwuchskräften so ein internes Crowdtesting zu erproben. Auf freiwilliger Basis mit dienstlichen und privaten Smartphones und Tablets. Bei der Entwicklung entsprechender Konzepte waren die Nachwuchskräfte der LHM von Anfang an beteiligt. Selbstorganisiert entwickelten sie die Idee einer Crowd weiter. Dann wurde in einem erweiterten Team ein Projekt für das Crowdtesting ins Leben gerufen.

 

Orientierung am erprobten Vorgehen

Bei der Ausgestaltung des Testvorgehens orientierte sich das Projekt am etablierten internen Prozessmodell, zum Beispiel bei der Definition der Aufgaben und Rollen. So war gewährleistet, dass alles geordnet und professionell abläuft.

Die Crowd in den Pilotprojekten bestand aus einem guten Dutzend Nachwuchskräften. Diese griffen über ihre Smartphones und Tablets auf die zu testenden Anwendungen zu und führten die jeweils vorab festgelegten Tests durch. Für Auffälligkeiten gab es ein Fehlermanagement-Tool. Bei der Organisation entschied man sich für die in der Softwareentwicklung beliebten Tools Jira und Confluence.

Bei der Durchführung wurden die Nachwuchskräfte vom internen Testmanagement-Team der LHM unterstützt, konnten aber sehr selbständig arbeiten. So erhielten sie einen umfassenden Einblick in professionelles Testen generell, in Testtools und Testabläufe bei agilen Vorgehensweisen.

Die Pilotprojekte mit Nachwuchskräften

Das Ratsinformationssystem, kurz RIS, ist für die Arbeit der politischen Gremien der Landeshauptstadt München die zentrale Quelle. Nicht nur die Mitglieder von Stadtrat und Bezirksausschüssen greifen darauf zu, auch viele andere Partnerorganisation und Engagierte. 2021 hat das RIS eine grundlegende Modernisierung erfahren. Klar, dass das mobile Zugreifen breit getestet wurde. Dabei konnte die Nachwuchskräfte-Crowd ein spezielles Verfahren kennenlernen, sogenannte explorative Tests.

Mit ihrem frischen Blick entdeckten sie tatsächlich einen relevanten Fehler, der vorher noch nicht aufgefallen war – und im Folgenden rechtzeitig behoben wurde. Projektleiterin Gerlinde Lederer zieht denn auch eine positive Bilanz:

Die explorativen Tests unserer Nachwuchskräfte konnten gut in unsere Testaktivtäten integriert werden und rundeten unsere Qualitätssicherung ab.

Weiteres Crowdtesting an Onlinediensten und GeoPortal

Die modernen Online-Formulare, die im Projekt eGov entwickelt werden, sind prädestiniert dafür, dass Bürgerinnen und Bürger auch mobil darauf zugreifen. So war das Crowdteam auch hier sehr willkommen. 13 Nachwuchskräfte führten mit 16 unterschiedlichen Endgeräte-Betriebssystem-Browser-Kombinationen insgesamt 464 Tests durch. Dabei setzten sie neben weit verbreiteten Modellen extra auch ausgefallene Hardware ein. Ein weiterer Mehrwert bestand darin, dass die Formulare von ihnen nicht wie vor dem Go-Live nur intern getestet wurden. Die Nachwuchskräfte griffen wie andere Nutzende auch über das Internet auf die Formulare zu.

Es wurden kleinere Unstimmigkeiten aufgedeckt, die größtenteils schnell behoben waren. Wenn nicht, wurde ein „Workaround“ als Lösung definiert und diese Umgehungslösung dann ebenfalls überprüft. Insgesamt wurde eine hohe Nutzungsqualität der Formulare für Mobilgeräte festgestellt.

Auch das GeoPortal wurde einem Nachwuchskräfteteam mit 53 Testfällen und erneut einer großen Vielfalt an mobiler Hard- und Software einer Prüfung unterzogen. Die Ergebnisse zeigten, dass das GeoPortal auf sehr unterschiedlichen Smartphones oder Tablets kompatibel und lauffähig ist. Fazit von Samir El Khaldi, Technical Requirement Engineer beim GeoPortal:

Das Crowdtesting unserer Nachwuchskräfte mit den unterschiedlichen mobilen Geräten hat noch mal sehr dazu beigetragen, das Produkt GeoPortal und das Nutzungserlebnis für die Bürgerinnen und Bürger zu verbessern.

Kommentare (3)


  1. Guten Tag Herr Lutz, guten Tag Herr Stenz,

    vielen Dank für Ihre wertvollen Kommentare, die ich sehr gut nachvollziehen kann. Ältere Menschen nehmen digitale Inhalte tendenziell anders auf als junge Menschen und gehen unterschiedlich damit um. Zudem gibt es immer mehr ältere Menschen, die digitale Inhalte nutzen, das sehe ich genau wie Sie.

    Mit dem in dem Artikel beschriebenen Vorgehen wurde zunächst mit den Nachwuchskräften der Landeshauptstadt München erprobt, wie der Prozess, die Struktur und die Verwaltung potenzieller Crowd-Tester abgebildet werden können. Nachdem diese erste Erprobung nun abgeschlossen ist, gilt es eine diversifizierte Crowd (Gruppe) von Menschen aufzubauen, die generell einen repräsentativen Querschnitt der möglichen Nutzerinnen und Nutzer darstellt. Dies soll auch Menschen verschiedenster Altersgruppen umfassen.
    Soweit Sie bei der LHM arbeiten, sind auch Sie als Crowd-Tester sehr willkommen.

    Nochmals vielen Dank für Ihren wertvollen Rückmeldungen, die wir bei der weiteren Umsetzung unseres Crowtesting vorgehen berücksichtigen werden.

    Dr. Mark Menzel

    Antworten
  2. Guten Tag Herr Menzel,

    beim anfänglichen lesen des Artikel ist mir genau der Gedanke durch den Kopf geschossen. Die geistige Aufnahme, Herangehensweise und Verarbeitung von digitalen Inhalten und Abläufen läuft bei Menschen, die mit dem Umfeld aufwachsen komplett anders als bei älteren Menschen. Dies merke ich immer wieder wenn ich in sozialen Einrichtungen und Gruppen Workshops zu diesen Themen gebe.

    Leider wird das anscheinend hier nicht ausreichend berücksichtigt. Da muss ich Rainer Stenz absolut Recht geben.

    Sonniges Wochenende, P. L.

    Antworten
  3. Lieber Herr Dr. Menzel,

    ich habe nur die ersten Zeilen Ihres Textes gelesen und frage mich da schon warum das Potenzial der “Alten” nicht genutzt werden soll, die vielleicht auch sehr viel mehr Freizeit und Konzentration auf ein Thema legen könnten…Natürlich ist das Neue immer ein Thema der “weniger Alten” – liegt ja vielleicht in der Natur der Sache.
    Wenn aber “Hier kommt die Idee eines sogenannten Crowdtesting ins Spiel. ” und die Idee, dass das Bürger*( und damit sind ja dann wohl alle gemeint) künftig nutzen sollen (online -Formulare):

    Warum dann nicht auch alle zukünftigen User/Anwender in das Crowdtesting mit einbeziehen und deren Feedback ebenfalls nutzen?
    Ich denke, viele Menschen die das alles mit Skepsis verfolgen würden dann auch als Multiplikatoren in der jeweiligen sozialen Gruppe fungieren können.

    Mehr gerne dazu per EMail oder Telefon ..

    BG RS

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