Papierakten, die auf dem Postweg zwischen Verwaltung und Justiz hin und her wandern, gehören der Vergangenheit an. Seit dem Jahreswechsel ist der elektronische Rechtsverkehr für Behörden und juristische Personen vorgeschrieben. Gerichtsrelevante Akten gehen also direkt auf ihren digitalen Weg. Für die Stadt München bedeutete das den Anschluss vieler neuer Bereiche in verschiedensten Referaten an das speziell abgesicherte Kommunikationssystem unter dem Stichwort beBPo.
Das bePBo – jetzt flächendeckend
Ganz neu ist es nicht das „besondere elektronische Behördenpostfach“, besser bekannt unter seiner Kurzform beBPo. Bereits seit 2018 muss ein besonders abgesicherter Weg für die Behördenkommunikation angeboten werden. Ein Jahr später war das beBPo für die Bußgeldstellen gesetzlich verpflichtend und auch in München im Einsatz. Doch in anderen Bereichen war bisher noch die Papierpost die Norm und das beBPo fristete ein Nischendasein.
Die flächendeckende Einführung des beBPo für die mit Rechtsthemen befassten Bereiche ist deshalb ein großer Schritt in Richtung E-Justiz. Die Stadt München wird damit – wie andere Kommunen auch – vollwertiges Mitglied des Kommunikationsnetzes für den elektronischen Rechtsverkehr. Gerichte, Staatsanwaltschaften, Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher, Notariate und Anwaltskanzleien sind ebenfalls mit dabei.
Sieht aus wie E-Mail, ist es aber nicht
Das beBPo bietet die Möglichkeit, Nachrichten und Dokumente mit vertraulichem Inhalt sicher zu verschicken und zu empfangen. Damit sieht es im Grunde aus wie ein E-Mail-System. Doch technisch betrachtet ist es das nicht. Es ist ein „Online Services Computer Interface“, kurz OSCI. Das ist ein speziell abgesicherter Kommunikationsstandard, ursprünglich eigens für Behörden entwickelt.
OSCI-Nachrichten laufen immer über den sogenannten SAFE-Verzeichnisdienst, und zwar ausschließlich an die dort registrierten Stellen: Alle Teilnehmenden an der Gerichtskommunikation müssen sich zuvor bei der Bundesnotarkammer anmelden. Bei Berechtigung stellt diese ein Zertifikat aus, mit dem sich die Stelle bei jedem Senden identifiziert. So kann der Adressat oder die Adressatin sicher sein, von wem die Nachricht kommt. Die Adresse wird bei jedem Sendevorgang aus der im System integrierten Liste ausgewählt. Ein versehentliches Verschicken von Unterlagen an nicht registrierte Postfächer ist dadurch unmöglich. Automatische Verschlüsselung der Inhalte ist Standard.
Die aufwändige Absicherung ist notwendig und sinnvoll. Wer will schon, dass persönliche Daten aus Verfahren rund um Bußgelder, Familienstreitigkeiten oder auch Bauplanungen oder Corona bei den Falschen landen? Aber auch Integrität und Authentizität sind unverzichtbar. Alle Beteiligten müssen sich darauf verlassen können, dass Dokumente vollständig und manipulationssicher sind.
Über hundert beBPo-Postfächer
Theoretisch könnte die gesamte Gerichtskommunikation über ein einziges städtisches Behördenpostfach laufen. Andererseits gilt aus Sicht des Datenschutzes, dass vertraulichen Daten nur für jene Personen sichtbar sein dürfen, die sie für ihre Arbeit benötigen. Deshalb hat München heute über hundert beBPos.
So gibt es allein in der Stadtkämmerei, die unter anderem vertrauliche Steuerdaten verarbeitet, 25 beBPos. Ähnlich sieht es im Kreisverwaltungs- und im Sozialreferat aus, wo es unterschiedlichste Stellen gibt, die mit Gerichtsverfahren zu tun haben. Beispielsweise haben auch die dezentral organisierten Soziallbürgerhäuser jeweils ein eigenes beBPo.
In anderen Fällen musste man von der strikten Orientierung an Zuständigkeit aber Abstand nehmen. So bei der Lokalbaukommission, deren Zuständigkeit in Bezirke aufgeteilt ist. Hier schien es den Gerichten nicht zuzumuten, in jedem Einzelfall herauszufinden, zu welchem Bezirk eine Adresse gehört.
Das beBPo-Einführungsprojekt
Verantwortlich für die stadtweite Einführung des beBPos war das Team E- und Open-Government im IT-Referat. Als Michael Jahn und Nina Würflingsdobler nach mehrmonatiger Corona-Abordnung beziehungsweise Elternzeit die Projektleitung übernahmen, erwartete sie bereits eine lange Liste an Aufgaben. Die Einrichtung der über 100 beBPos musste terminiert, Schulungen für die rund 200 Nutzerinnen und Nutzer ausgearbeitet und organisiert werden.
Im Rahmen der technischen Bereitstellung war zunächst in allen betroffenen Fachbereichen die Software Governikus Communicator zu installieren. Dann galt es jeden einzelnen Arbeitsplatz an die abgesicherte Infrastruktur anzuschließen. Bei dem Einrichtungsmarathon mit teilweise bis zu acht beBPos pro Tag war das Engagement des internen Kundenmanagements in den jeweiligen Fachbereichen unverzichtbar, wie Jahn berichtet:
Diese Stellen kennen sowohl die IT wie auch den Fachbereich. Und nur dort konnte entschieden werden, wer einen Zugang braucht und wie die Vertretungsregelungen aussehen.
Trotz knapper Ressourcen ist dieser Digitalisierungsschritt gelungen. Wie gesetzlich gefordert, waren die Referate zum Stichtag 31. Dezember 2021 mit mindestens einem beBPo ausgestattet. Jetzt bewegen sich digitale Akten statt zunehmender Papierberge. Und die nächsten Schritte sind schon geplant. Auf der Agenda steht beispielsweise die Einführung einer Serverlösung, die den Fachbereichen ein einfacheres internes Arbeiten ermöglicht. Wir bleiben dran.
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