Am Samstag, den 20. November 2021 jährt sich eines der traurigsten Vorkommnisse der neueren Münchner Geschichte zum 80sten Mal: Am Güterbahnhof Milbertshofen begannen die systematischen Deportationen jüdischer Männer, Frauen und Kinder aus München in die Vernichtungslager im Osten. Viele Organisationen und Initiativen bieten zu diesem Anlass vielfältige informative und berührende Veranstaltungen an. Seitens der Stadtverwaltung sind unter anderem die Bereiche Stadtgeschichte im Kulturreferat und Zeitgeschichte im Stadtarchiv München beteiligt, teils mit interessanten digitalen Elementen.
In den frühen Morgenstunden des 20. November 1941 verschleppte die Gestapo knapp 1000 Menschen vom Güterbahnhof Milbertshofen nach Kaunas in Litauen, weil sie nach der rassistischen Definition der Nationalsozialisten als jüdisch galten. Nur wenige Tage nach ihrer Ankunft wurden sie dort am 25. November von der SS und ihren Helfershelfern ermordet.
So umreißt ein Informationsflyer in eindringlicher Knappheit, was vor 80 Jahren in München passierte. Im weiteren Text erfährt man, dass die jüdische Gemeinde München an diesem Tag mit einem Schlag ein Viertel der noch verbliebenen Mitglieder verlor. Insgesamt wurden rund 3400 Jüdinnen und Juden von München in die Todeslager von Kaunas, Piaski, Theresienstadt und Auschwitz deportiert. Etwa ein Drittel der Menschen stammte aus Schwaben und Oberbayern, die anderen aus München. Nur sehr wenige überlebten.
Dokumentarische und künstlerische Rückblicke auf die Deportationen
Das Programm zum Jahrestag des Beginns der Deportationen ist vielfältig:
- Gedenkveranstaltung am Abend des Jahrestages, unter anderem auf dem Gelände der ehemaligen „Judensiedlung Milbertshofen“
- Fotoinstallation über das „Fort IX“ in Kaunas im Jüdischen Museum München
- Digitales Album über Maria Luiko, eine bei der ersten Deportation verschleppte Künstlerin von beeindruckender Vielseitigkeit, in der hier bereits vorgestellten Sammlung Online des Münchner Stadtmuseums.
- Künstlerische Beiträge wie ein Figurentheater zum Schicksal von Anne Frank, eine Wanderausstellung zu ausgewählten Lebensgeschichten oder Performances.
- Informative Filme im Kino (Der lange Weg ins Ghetto) und TV (80 Jahre Deportationen) sowie Vorträge unter anderem zum Thema „Was konnten die Nachbarn wissen?“
Eine Übersicht und mehr Informationen zu den einzelnen Veranstaltungen finden sich auf einer Seite des NS-Dokumentationszentrum:
Viele Opfer der Deportationen im Online-Gedenkbuch
Das Münchner Stadtarchiv ist unter anderem mit seiner „Koordinationsstelle Erinnerungszeichen“ beteiligt. Diese bringt Plaketten oder Stelen an beziehungsweise vor den einstigen Wohnorten von im Nationalsozialismus Ermordeten an und bewahrt damit ihr Andenken vor dem Vergessen. Am 25. November werden in der Prinzregentenstraße, Hausnummer 83, Erinnerungszeichen für zwei Opfer der ersten Deportation angebracht, für Kitty Neustätter und Rupprecht Neustätter.
Über ein weiteres Engagement haben wir hier im Blog bereits berichtet: Im Online-Gedenkbuch für Münchner Jüdinnen und Juden bekommen viele der in den Tod getriebenen Menschen ein Gesicht. Unter dem Reiter „Verfolgungsgeschichte“ gibt es hier im Kapitel Deportationen Informationen zur historischen Einordnung und zu jedem einzelnen Transport. So wird ersichtlich, dass unter den 997 Personen der ersten und zahlenmäßig größten Deportation 602 Frauen und Mädchen waren. 20 Personen kamen aus Augsburg, die anderen aus München.
Soweit bekannt, sind all diese Menschen namentlich genannt. Zu vielen Münchner Bürgerinnen und Bürger sind detaillierte Informationen und Fotos im Gedenkbuch enthalten, passend zum Leitgedanken des biographischen Gedenkbuchs: „Jeder Mensch hat einen Namen.“ Die Ergebnisse weiterer Forschungen werden laufend ergänzt.
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