Die Zukunft der IT Münchens – Thomas Bönig im Gespräch

6. Juli 2018
Ein Beitrag von Dr. Stefan Döring
Mit der Gründung des Referats für Informations- und Telekommunikationstechnik (RIT) der Landeshauptstadt München zum Jahreswechsel verbindet der Münchner Stadtrat das Ziel, die IT der Stadt zu homogenisieren und vor allem zu aktualisieren.

Neben der Umorganisation des aktuellen 3-Häuser-Modells sind davon vor allem Umstellungen bei Hard- aber auch Software betroffen. Besonders die Abkehr von LiMux wurde in diesem Zusammenhang viel diskutiert.

Seit dem 01. März ist Thomas Bönig Leiter des neuen Referats RIT. Im Interview erläutert er seine Vorstellung der digitalen Stadt(Verwaltung) und welche Schwerpunkte er setzt.

Thomas Bönig - Autorenbild

Thomas Bönig

Der Mensch Thomas Bönig

Sehr geehrter Herr Bönig, vielen Dank für das Interview. So frisch im Amt sind Sie vielen Bürgern_innen aber auch städtischen Kollegen_innen noch unbekannt. Stellen Sie sich daher doch bitte kurz vor!

Ich bin ein gebürtiger Schwabe und interessiere mich seit jeher für IT-Themen. Meine berufliche Laufbahn mit dem Abschluss als Technischer Informatiker (FH) in Esslingen begann ich zunächst in der Wirtschaft im Maschinenbau Baden-Württembergs.

In verschiedenen beruflichen Stationen war ich über 20 Jahre im Bereich der IT und der Software-Entwicklung in mittelständischen Unternehmen tätig. Zuletzt war ich mehr als sieben Jahre als IT-Leiter bei der VBL (Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder) in Karlsruhe beschäftigt sowie zeitgleich in zweiter Funktion als Geschäftsführer einer IT Tochtergesellschaft der VBL tätig.

Mit meiner Frau Regine bin ich seit über 20 Jahren verheiratet und wir haben drei erwachsene Kinder, auf die wir sehr stolz sind.

3 Hashtags von Thomas Bönig im Rahmen des BarCamps # MucGov18

Was hat Sie an der Aufgabe als Leiter eines neu gegründeten „IT-Referats“ der Stadtverwaltung München besonders gereizt?

Beruflich bietet die Landeshauptstadt München ganz neue und andere Dimensionen. In München gibt es enormes Potenzial in der IT.  Allein aufgrund der Größenverhältnisse sind die Möglichkeiten viel breiter als in meiner früheren Position.

Die Digitalisierung und ihre Folgen stellen für uns alle eine neue Welt dar, in die wir als Gesellschaft zügig hineinwachsen werden. Dabei ist es ein persönliches Anliegen, Zukunftsthemen aktiv anzugehen und zu gestalten und nicht nur darauf zu reagieren. Die Chancen und Möglichkeiten der Digitalisierung müssen für die Gesellschaft auch passen oder zumindest verträglich gestaltet werden. Den öffentlichen Sektor halte ich in diesem Zusammenhang insgesamt für sehr leistungsfähig. Leider hemmt er sich manchmal durch ein Zu-viel an Bürokratie.

Herausforderung IT-Referent der Stadt München

Wie definieren Sie die Aufgabenschwerpunkte Ihrer Position als Referent des RIT? Was erleben Sie als größte Herausforderung in dieser Position?

Meine Zielsetzung ist es, mit den Kollegen_innen die städtische IT am Ende so gut aufzustellen und zu positionieren, dass es eine positive Signalwirkung über München hinaus hat. Ebenso wichtig ist es, in diesem Prozess und Vorhaben die Mitarbeiter_innen in der Stadtverwaltung sowie die Politik gleichermaßen mit ins Boot zu holen.

Nun sind Sie auch vor der offiziellen Vereidigung schon einige Mal vor Ort gewesen und haben bis heute viele Gespräche geführt. Was ist Ihr erstes Fazit? Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation der IT-Landschaft der Stadtverwaltung?

Ich habe verschiedenen Bereiche der IT mehrfach besucht und war durchwegs beeindruckt, wie gut man in der Münchner IT schon jetzt aufgestellt ist. Ich habe sehr viele Kollegen_innen kennengelernt, die sich mit Engagement und hoher Motivation ihren Aufgaben widmen und dabei auch etwas für die Stadt bzw. die Bürger_innen Münchens bewegen wollen. Das zeigt ein großes Potenzial, das in der Münchner IT steckt und ein großer Vorteil für die kommenden Aufgaben und Herausforderungen sein wird.

Ziel wird es sein, Lösungen zu etablieren, die dauerhaft tragen. Das kann mit motivierten und gut ausgebildeten Mitarbeitern_innen auch realistisch erreicht werden. Man hat durchgängig das Gefühl, man will sich in der IT aktiv zur weiteren Entwicklung der Stadt einbringen. Dazu möchte ich gerne Impulse geben und im großen Team der IT meinen Teil dazu beitragen.

Die ersten 100 Tage

In der Politik wird gerne nach 100 Tagen ein erstes Resümee gezogen. Wo liegen Ihre Prioritäten für das RIT während dieser ersten 100 Tage?

Zunächst war und ist es mir wichtig, mich zu informieren und in die spezifischen Themen der Stadt einzuarbeiten. Dies ist Basis für einige richtungsweisende Entscheidungen. Diese galt es vorzubereiten und abzustimmen. Erst durch diese Gespräche konnte ich die Grundzüge der neuen IT-Organisation fokussieren.

Ein weiterer Schwerpunkt der ersten 100 Tage ist, den Mitarbeiter_innen das Gefühl zu geben, dass es konstruktiv und lösungsorientiert nach vorne geht und die Digitalisierung machbar ist.

Bereits zeitnah mit einer stärkeren Öffentlichkeitsarbeit nach Innen und Außen die IT der Stadtverwaltung transparent und erlebbar zu machen, ist mir ein besonderes Anliegen. Dazu gehören auch Beteiligungsprozesse wie BarCamps an denen wir miteinander ins Gespräch kommen und Ideen eingebracht werden können.

Wo geht die Reise hin in der IT der Stadtverwaltung?

Welche langfristigen Ziele verfolgen Sie? Wie sieht Ihre Version für die digitale Stadtverwaltung der Zukunft aus?

Die Vision ist die Modernisierung und Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung durch die IT, die sowohl auf die Bürger_innen als auch auf die Mitarbeiter_innen zugeschnitten sein soll.

Die hochwertige IT-­Versorgung der LHM langfristig sicherzustellen, hat dabei höchste Priorität. Dazu werden jetzt sukzessive die erforderlichen Strukturen geschaffen und mögliche vorhandene Schwachstellen beseitigt, so dass am Ende eine IT entsteht, die für die Ziele der Metropole München optimal aufgestellt ist.

Die IT sollte dabei nach einem klaren Zielbild ausgerichtet sein und auch die erforderlichen Spielräume haben. Nur so kann eine IT gut und leistungsfähig agieren sowie für die Referate und Eigenbetriebe den bestmöglichen Service bieten.

Verlässlichkeit und Kontinuität in der IT sind essenziell für hohe Qualitätsstandards in den Fachbereichen. Den Mitarbeitern_innen in der Stadtverwaltung sollte die Arbeit aufgrund einer guten technischen Unterstützung Spaß machen. Dafür sorgen beispielsweise moderne Arbeitsplätze mit zeitgemäßer Ausrüstung und Technik wie zum Beispiel mobilen Endgeräten und auch die moderne Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten.

Daneben muss die IT aufgrund weiter steigender Anforderungen agiler werden und schneller reagieren sowie möglichst flache Hierarchien besitzen. Innovation und Forschung müssen ebenso deutlich ausgebaut werden.

Das bedeutet, dass auch neue Themen vorausgedacht werden und eine aktive Beratung der Stadtspitze, des Stadtrats wie auch der Referate und Eigenbetriebe durch die IT erfolgt. Die IT soll dabei nicht nur den Bedarf der Stadt in den nächsten Jahren abdecken, sondern auch in wesentlichen Teilen vorausdenken. Ziel ist es dabei, nicht nur (aber auch) Quick Wins zu realisieren, sondern dauerhaft tragfähige Lösungen zu generieren.

Kulturwandel und Wir-Gefühl

Das IT-Gutachten und die Referatsgündung stoßen vor allem einen großen Veränderungsprozess an. Losgelöst von den konkreten Zielen – Wo sehen Sie dabei die größten Herausforderungen?

Wir stehen vor einer Zukunft, die uns vor ganz neue Herausforderungen stellen wird, die wir heute immer noch nicht vollständig erahnen können. München hat daher zu Recht große Ziele und möchte sich für die Bürger_innen zu einer digitalen Metropole entwickeln, die nicht nur in Deutschland Standards setzt. Das vor dem Hintergrund, das Leben, Arbeiten und Wohnen in München attraktiv zu gestaltet.

Ein Wunsch meinerseits ist es, dass wir uns in der IT als großes, einzigartiges Team verstehen, dass hohe Ziele hat und dass wir bei unseren „Kunden“ in jeder Situation sowohl als hervorragender Dienstleister als auch als Berater für eine digitale Zukunft bekannt und immer präsent sind. Diese Herausforderung sollten wir alle als gemeinsames Wertesystem annehmen und leben, auch wenn es nicht immer ganz leicht fallen wird.

Die Herausforderung dabei ist es, die avisierten Ziele mit den zur Verfügung gestellten Ressourcen zu erreichen. Hier wird vor allem das qualifizierte IT-Personal ein kritischer Engpass sein, der sich noch deutlich verschärfen wird. Um so wichtiger ist ein starkes Wir-Gefühl, dass uns als Arbeitgeber attraktiv macht.

Die offene und digitale Verwaltung

Welchen Schwerpunkt haben in diesem Sinne für Sie das E- und das Open Government?

Die Verwaltung muss den Bürgern_innen sowie der Industrie verstärkt umfangreiche digitale Services und Leistungsangebote zur Verfügung stellen. Neben den Services werden wir als Stadt noch stärker relevante Daten zur Verfügung stellen, die Bürger_innen für Ihre Anliegen nutzen können – natürlich unter Berücksichtigung der rechtlicher Vorgaben.

Transparenz und Offenheit wird in der Phase der Digitalisierung in weitaus größerem Maßstab erforderlich sein wie bisher. Auch Innovationen für die Bürger_innen müssen stärker eingebracht werden. Darum organisiert die Stadt jährlich einen Hackathon und auch 2019 wieder ein BarCamp zur “Digitalen Stadt”. Jeder ist herzlich eingeladen sich hier aktiv zu beteiligen.

Vielen Dank Herr Bönig für dieses Interview!

Wer mehr erfahren möchte, kann sich auf den Seiten des RIT informieren. Über die genannten Veranstaltungen bleiben Sie hier auf dem Blog auf dem Laufenden oder Sie folgen uns auf Twitter.

Das Gespräch hat Dr. Stefan Döring, Öffentlichkeitsarbeit E- und Open Government geführt.

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