Digitales Whistle­blowing – ein neues Instrument im Kampf gegen Korruption

29. August 2021
Ein Beitrag von Dr. Stefan Döring

Korruption im öffentlichen Dienst ist ein Angriff auf die Grundwerte der Demokratie wie Gleichheit und Gerechtigkeit und daher inakzeptabel. Um solches Verhalten aufzudecken und abzustellen, gibt es die Anti­korruptions­stellen. Diese bieten immer auch anonyme Meldewege an. Doch die haben ein Manko: Nachfragen sind so meist unmöglich. Mit digitalen Hinweissystemen halten seit einiger Zeit aber vielversprechende neue Systeme Einzug – bald auch in der Landeshauptstadt München: Im Juli hat der Stadtrat grünes Licht für die Beschaffung einer Lösung zum „digitalen Whistleblowing“ gegeben. Wie es funktioniert, lesen Sie hier.

Whistleblowing – auch ein Dienst an der Demokratie

Der Begriff “Whistleblower” ist spätestens mit den spannenden Enthüllungen des amerikanischen Whistleblowers Edward Snowden auch im deutschen Sprachgebrauch angekommen. Vielleicht liegt es an dem im Wortstamm nahen und eher unschönen Wort „Verpfeifen“, dass Whistleblowing bei uns schnell nach unschönem „Petzen“ einer eigentlich eher harmlosen Sache klingt. Doch tatsächlich geht es bei Whistleblowing fast immer um Fälle, in denen mutige Menschen helfen, schwere Fälle von Rechtsverletzungen aufdecken, in dem sie geheime Informationen an die Öffentlichkeit bringen.

Schneller zur Baugenehmigung dank Gefälligkeiten? Nach einer von der Firma bezahlten Einladung bekommt diese den Zuschlag? In kommunalen Verwaltungen zielt Korruption oft darauf ab, sich Vorteile oder Aufträge zu verschaffen. Das ist nicht nur in München absolut intolerabel! Deshalb sind Bürgerinnen und Bürger sowie Beschäftigte gleichermaßen aufgerufen, alle Handlungen in diese Richtung bei der Antikorruptionsstelle zu melden. Tun sie dies, sind sie gleichermaßen Whistleblower.

Was, wenn noch Fragen offen sind?

Berichte über Korruptions­versuche oder zumindest Grenzüberschreitungen kommen häufig von den Beschäftigten selbst, berichtet Stephan Westermaier als Antikorruptions­beauftragter der Stadt München, aber durchaus auch von Externen. Wer Hinweise auf Korruption geben möchte, kann das bisher per Briefpost, per E-Mail oder per Anruf tun, namentlich oder anonym. Wobei die anonymen Informationen nach seiner Erfahrung ein großes Manko haben:

Viele denken bei ihren Hinweisen oft nicht daran, was für eine große Behörde wir sind, und formulieren so diffus, dass wir keine Möglichkeit haben, die Informationen zuzuordnen.

Bisher war die dann notwendige Rückfrage bei einer anonymen Meldung nicht möglich. Genau dieses Problem kann eine moderne Lösung für digitales Whistleblowing entschärfen, die nun vom Stadtrat beschlossen wurde. Denn sie bietet nicht nur einen anonymen Meldeweg, sondern auch die Chance auf eine verschlüsselte anonyme Kommunikation.

Warum digitales Whistleblowing so wertvoll ist

Systeme fürs digitale Whistleblowing haben Rückkanäle, die kurze Nachfragen ebenso erlauben wie intensiven Austausch über längere Zeiträume. Technisch wird den anonymen Hinweisgebenden jeweils einen Code für ein Postfach zugeteilt. Darüber können sie sich rund um die Uhr anonym einloggen und Fragen beantworten oder auch Dokumente hochladen. Die gesamte Kommunikation wird konsequent verschlüsselt.

Dr. Alexander Dietrich, Leiter des für Korruptionsbekämpfung federführenden Personal- und Organisationsreferats, begrüßte den Stadtratsbeschluss in einer Presseerklärung:

Die Transparenz wird gestärkt und das Vertrauen in unsere Aufklärungsarbeit erhöht.

Auch wenn die Beschaffung noch einige Monate in Anspruch nehmen wird: Das Anti-Korruptionsteam und die Kolleginnen und Kollegen in den Referaten freuen sich bereits jetzt auf das Arbeiten mit dem digitalen Whistleblowing. Stephan Westermaier erklärt:

Wenn wir Nachfragen stellen können, wird uns das enorm erleichtern, zu beurteilen, ob ein Fall tatsächlich relevant ist und wir ihn nachverfolgen sollten. Zudem erwarten wir, dass das digitale Whistleblowing Hemmschwellen abbaut.

Selbstverständlich werden die geschulten Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter, die auf das neue System Zugriff haben, auch hier auf strengen Datenschutz und sorgfältigen Umgang mit den Informationen achten. Sie werden die Hinweisgebenden dabei unterstützen, ihr Anliegen gut zu adressieren und sich dabei selbst zu schützen. Aber sie wissen auch die Rechte ihrer Kolleginnen und Kollegen zu wahren. Schließlich steckt nicht hinter jeder Beschuldigung ein lauteres Motiv.

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Elisabeth Wagner -
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