Digitalisierung im ländlichen Raum: Konzepte und Projekte für mehr Lebensqualität

4. Januar 2022
Ein Beitrag von Mirjam Opitz

Digitalisierung bietet gerade im ländlichen Raum viele Möglich­keiten für Verbesserungen im Alltag der Menschen. Interessante Konzepte und Erfahrungen dazu liefert das Forschungsfeld „Versorgung im ländlichen Raum“ der Arbeitsgruppe für Supply Chain Services des Fraunhofer Instituts für Integrierte Schaltungen. Auf dem Marktplatz Digitaler Möglichkeiten 2021 berichteten Mirjam Opitz und Dr. Andreas Hamper über einige Beispiele und verbanden dazu zwei Perspektiven: anwendungs­­orientierte Praxisberichte und den analytischen wissen­­schaftlichen Blick auf die theoretischen Konzepte. In diesem Gastbeitrag fassen sie einige Punkte zusammen:

Neue Ideen durch den Wettbewerb Digitales Dorf Bayern

Im ländlichen Raum gibt es teilweise ganz andere Heraus­forderungen für die Digitalisierung als in den Metropol­regionen. Dazu gehören beispielsweise Lücken bei der Versorgung mit Waren für den täglichen Bedarf, aber auch bei Angeboten für Gesundheit und Pflege. Da kann digitale Technik viel Positives bewirken, vorausgesetzt man stellt sie den Leuten nicht einfach nur hin.

Wissenschaft, Politik und nicht zuletzt die Bürgerinnen und Bürger müssen gemeinsam erarbeiten, wie die Digitalisierung nachhaltig Wirkung entfalten kann. Beispielsweise können Vernetzung und digitale Ergänzungen dazu führen, dass sich unrentabel gewordene Geschäftsmodelle und Services wieder rechnen oder völlig neue hinzukommen.

Unser Forschungsfeld für die Digitalisierung im ländlichen Raum startete 2016 mit der Organisation des Wettbewerbs „Digitales Dorf Bayern“. Alle Kommunen konnten dafür Ideen einreichen. Das erste Siegerprojekt und etliche weitere wurden von unserem Team und anderen Stellen über mehrere Jahre hinweg bei der Umsetzung begleitet. Dabei war es immer oberstes Ziel, die Lebensqualität der Menschen vor Ort zu verbessern. So entstanden nicht nur neue Dienst­leistungen in unterschiedlichen Bereichen. Wir konnten auch viele wissenschaftliche Erkenntnisse gewinnen, dokumentieren und für weitere Projekte zur Verfügung stellen.

Projekt Mobiler Dorfladen mit Online-Shop

Lückenhafte oder fehlende Nah­versorgung mit Dingen des täglichen Bedarfs gehört zu den Problemen für die Menschen im ländlichen Raum. Vor allem wer kein Auto hat oder aus gesund­heitlichen Gründen nicht mehr fahren kann, ist dann dringend auf Hilfe angewiesen. Im Projekt „Mobiler Dorfladen in der Steinwald-Allianz“ wurde eine Lösung entwickelt, die hier Abhilfe schaffen sollte, und zwar im Landkreis Tirschenreuth.

Dort sichert nun, auch nach Projektende, ein speziell ausgestatteter Lkw mit begehbarer Verkaufsfläche die Grundversorgung. Er fährt Montag bis Samstag auf festen Routen durch die Region und macht dabei auch in entlegenen Ortsteilen Halt. Nebenbei ist der mobile Dorfladen mit seinen festen Ortsterminen zu einem beliebten Ort der sozialen Begegnungen geworden. Regionale Erzeuger­betriebe profitieren von dieser Absatzmöglichkeit und damit nicht zuletzt auch die Umwelt. Das Digitale ist mit mehreren Elementen dabei:

Während der Projektlaufzeit wurde auch ein eigener Online-Shop an den mobilen Dorfladen angeschlossen und getestet. Das notwendige digitale Know-how dafür erhielten Kundinnen und Kunden bei Bedarf durch Bildungsangebote, die im Projekt Digitales Dorf Wohnen & Bildung für Ältere entwickelt wurden.

Weiteres digitale Element ist ein System, das die Verkaufsdaten erfasst und analysiert, um Planung, Effizienz und letztlich die Wirtschaftlichkeit zu unterstützen. Auch ein Energie- und Kühlketten­management im Fahrzeug gehört dazu. Für den weiteren Ausbau, etwa in Richtung neuer Kooperationen und Services wurden ergänzende Konzepte erstellt.

Viele weitere Informationen und Links zu dem Projekt gibt es auf der Seite Digitales Dorf.

Projektwebshop Digitales Dorf

Projektwebshop Digitales Dorf, Quelle: Fraunhofer IIS

Digitales Gesundheitsdorf – T-Shirts mit Elektroden und smarte Vernetzung

Im Projekt „Digitales Gesundheitsdorf“ galt es die Möglichkeiten der Digitalisierung zur Verbesserung der Gesundheits­versorgung im ländlichen Raum zu nutzen. Örtlich angesiedelt war es im Oberen Rodachtal im oberfränkischen Landkreis Kronach. Initiale Gespräche mit den potenziellen Zielgruppen vor Ort brachten vor allem zwei Erkenntnisse: Zum einen, dass Digitales dann Chance auf Akzeptanz hat, wenn das Neue klaren Mehrwert bringt. Zum anderen, dass die gesundheitlich angegriffenen, meist älteren Menschen vor allem einen Wunsch haben: so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden zu bleiben.

Weiteres Nachfragen brachte konkrete Wünsche in Richtung Kommunikation zutage, wie zum Beispiel: „Ich möchte sicherstellen, dass mein Sohn, meine Tochter, weiß, dass es mir gutgeht.“, „Mein Pflegedienst soll im Notfall auf mich reagieren können.“ oder „Mein Arzt soll das angeforderte Blutdruck-Tagebuch möglichst täglich erhalten.“.

Der digitale Lösungsansatz basierte auf erprobten Assistenz­systemen plus Neuent­wicklungen aus der Medizintechnik, die durch die Patientinnen und Patienten selbst bedient werden können. Zum Beispiel ein spezielles T-Shirt mit eingenähten, genau platzierten Elektroden, das man nur anziehen muss, um in den eigenen vier Wänden eine EKG-Messung durchzuführen.

Ein ambulanter Pflegedienst und die Ärzte vor Ort waren in den Aufbau der Prozesse eingebunden. Mehr noch: In einem Zwillingsprojekt ging es ganz konkret um eine kluge digitale Vernetzung der professionellen Akteurinnen und Akteure im Gesundheitsbereich: Ärztinnen und Ärzte, Pflege, Apotheken und weitere. Auch dazu gibt es im Netz eine Projektseite mit ausführlichen Informationen.

Digitales Dorf beim Marktplatz digitaler Möglichkeiten

Sie möchten mehr erfahren über das Digitale Dorf Bayern? Unseren Vortrag vom Marktplatz digitaler Möglichkeiten gibt es als Video hier zum Nachhören. Viel Spaß! Viele weitere Beiträge des #OGTM21 finden Sie im Blogbeitrag.

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Mirjam Opitz - Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen
Ein Gastbeitrag von:
Mirjam Opitz
Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen
Dr. Andreas Hamper - Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen
Co-Autoren­schaft:
Dr. Andreas Hamper
Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen


Hinweis: Gastbeiträge sind persönliche Inhalte der Autor*innen und geben nicht die Ansicht der Landeshauptstadt München wieder.