Ein Begriff, der im Zusammenhang mit der Einführung digitaler Geschäftsmodelle immer wieder genannt wird, ist Disruption. Aber wissen Sie so genau, was das ist? In diesem #ExplainIT-Beitrag schauen wir uns das Phänomen der Disruption einmal genauer an:
Disruption als das radikal andere
Der Begriff „Disruption“ leitet sich von dem englischen Wort „disrupt“ (also „zerstören“, „unterbrechen“) ab. Damit ist ein Prozess gemeint, bei dem ein gesamter Markt durch eine stark wachsende Innovation abgelöst beziehungsweise „zerschlagen“ wird. Bestehende, traditionelle Geschäftsmodelle, Produkte, Technologien oder Dienstleistungen werden von innovativen Erneuerungen abgelöst und teilweise vollständig verdrängt.
Das betrifft potenziell alle Geschäftsbereiche. Disruption hat aber vor allem im Zusammenhang mit der digitalen Transformation an Bedeutung gewonnen. Insbesondere in der Startup-Szene ist der Begriff „Disruption“ weit verbreitet, da er das revolutionäre Denken der Gründerinnen und Gründer zum Ausdruck bringt.
Innovation hat zwei Gesichter – ein evolutionäres und ein disruptives
Neben der Disruption gibt es auch die „normale“ Innovation. Diese nennt man „inkrementell” oder “evolutionär”. Der Unterschied liegt in der Art und Weise der Veränderung, die die Innovation mit sich bringt:
Bei einer inkrementellen Innovation handelt es sich um eine Erneuerung eines Produktes oder Geschäftsmodells in einem oder mehreren Aspekten. Disruptive Innovation ist dagegen die komplette Umstrukturierung eines bestehenden Modells. So ist die Einführung einer vollständig neuen Technologie, die aufgrund ihrer deutlichen Vorteile alle bisherigen Lösungen vom Markt verdrängt, disruptiv. Im folgenden Video der Deutschen Welle wird das sehr anschaulich an einer Reihe von Beispielen beschrieben:
‘Disruption’! Wie bitte? Erklärvideo der Deutschen Well zum Thema Disruption, Quelle: Deutsche Welle/Youtube
Beispiel 1: Musik-Streaming als Disruption für den CD-Markt
Ein Beispiel für disruptive Innovation ist in der Musikindustrie zu finden. Die Erfindung der CD bedeutete für die Presswerke, in denen bisher Schallplatten gepresst wurden, zwar eine langfristige Investition in neue Produktionsanlagen, aber die Industrie machte diese Transformation mit und passte ihr Verfahren an die neue Compact Disc an. Auch der Handel begann, die CD in sein Produktsortiment aufzunehmen.
Das Aufkommen von Streamingdiensten für Musik bedeutet hingegen die schrittweise Zerschlagung des Markts für physische Tonträger. Diese neuen Anbieter digitaler Musik leiten einen disruptiven Prozess ein. Streaminganbieter bieten ihren Kundinnen und Kunden die Möglichkeit, ihre Lieblingssongs jederzeit und überall online zu konsumieren. Auch Künstlerinnen und Künstler können plötzlich ohne Plattenlabel erfolgreich sein. Händler und Presswerke werden gleichermaßen ihrer Basis “beraubt”.
Während 2008 der Markt physischer Tonträger weltweit noch 12 Milliarden Euro Umsatz machte, sind es heute nur noch knapp 4 Milliarden. Parallel stieg der Umsatz der weltweiten Streamingdienste von 300 Millionen Euro in 2008 auf heute über 12 Milliarden Euro. Es handelt sich hier also offensichtlich um eine disruptive Innovation, auch wenn die Schallplatte ein kleines Comeback erlebt.
Beispiel 2: Digitalfotografie als Disruption für den Analogfilm-Markt
Ein weiteres viel zitiertes Beispiel für disruptive Innovation ist der Niedergang der analogfilmproduzierenden Unternehmen durch das Aufkommen der Digitalfotografie. Das Fotografieren ohne Film und mit der Möglichkeit einer direkten Kontrolle der fotografischen Ergebnisse wurde so schnell populär, dass weltweit bedeutende und marktbeherrschende Hersteller für fotografische Ausrüstung und Filmmaterial Insolvenz anmelden mussten. Sie konnten ihr Geschäftsmodell nicht schnell genug transformieren. Diese Entwicklung dauert an, da Smartphones heute immer bessere Kameras besitzen und damit den Markt für Digitalkameras ablösen.
Irgendwann wird jedes Unternehmen von Disruption bedroht
Nach der in den 1990er-Jahren von Clayton Christensen entwickelten Theorie der Disruption wird jedes noch so erfolgreiche und etablierte Unternehmen eines Tages von einer existenzgefährdenden technologischen Revolution bedroht. Auch wenn diese Aussicht für das einzelne Unternehmen alarmierend ist, so ist dieser Prozess notwendig für eine funktionierende Weiterentwicklung des Marktes. Die Verlierer sind in den meisten Fällen die Unternehmen, die zumeist selber vor Jahren oder Jahrzehnten mit einer radikalen Innovation ins Geschäft eingestiegen sind und sich heute zu langsam wandeln. Nach Christensens Theorie ist es für etablierte Unternehmen geradezu ein Ding der Unmöglichkeit, ihr Geschäftsmodell von Grund auf zu verändern. Ausschließlich kleine Unternehmen am Beginn ihrer Existenz, die wenig zu verlieren und viel zu gewinnen haben, sind in der Lage, ein solch hohes Risiko einzugehen.
Wie in der Natur gehört solch eine „fruchtbare Zerstörung“ des Bestehenden auch in der technologischen Welt zur Weiterentwicklung grundlegend dazu. Das Verschwinden ganzer Branchen und Märkte zugunsten gänzlich neuer Technologien und Lösungen ist ein wesentliches Element unserer technologischen Entwicklung. Seien wir also auf den nächsten disruptiven Impuls, den nächsten “Game-Changer”, gespannt!
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