UX Design Revolution – der Kunde im Mittelpunkt

7. Dezember 2021
Ein Beitrag von Dr. Stefan Döring

“Wir müssen vom Kunden her denken!” Ein Satz, den man gerade im Zusammenhang mit digitalen Services – auch in der öffentlichen Verwaltung – immer öfter hört. Gemeint ist die User Experience (UX), auf deutsch die optimale Nutzungserfahrung. Dazu gehört nicht nur die Funktionalität, sondern das Design von Weboberflächen, Formularen und Online-Services. Schöne, bunte Interfaces, moderne Designs und abgestimmte Farben sind dabei aber nur die halbe Wahrheit. UX Design geht weiter und versteht sich als methodischen, empathischen Prozess der Produktentwicklung, der die Kundinnen und Kunden in den Mittelpunkt stellt. Was bedeutet das aber genau? Was macht gutes UX Design aus? Das erklären wir in diesem Beitrag der Serie #ExplainIT:

Warum brauchen wir UX Design?

Viele kennen es: Man sucht in einer App nach einer Funktion und klickt sich durch mehrere Ebenen. Nach ein paar Sekunden wird klar, dass die Information hier nicht gefunden werden kann und man muss sich mühselig über Rückwärtspfeile zurück klicken. Suchfunktion? Leider nicht vorhanden. Home-Button, um schnell zurück zum Startscreen zu kommen? So versteckt, das er nicht gesehen wird.

Ein anderes Szenario: Für den Geburtstagskuchen möchte man nur nochmal kurz das Rezept prüfen, klickt dazu auf eine Website. Plötzlich tauchen am Bildschirm von links und rechts Werbebanner auf und nehmen die Seite komplett ein. Das Kreuzchen zum wegklicken ist nur schwer zu finden. Und nach 2 Sekunden springt einem dann noch der Aufruf für den Newsletter entgegen, der sogar weit aus dem Smartphone-Bildschirm heraus ragt. Je weiter man scrollt, desto mehr verrutscht die Seite, Werbelinks, Banner und der eigentliche Text positionieren sich immer wieder neu. Die Kerninformationen für das Rezept herauszufinden, wird zur Mammutaufgabe.

Diese und viele andere solcher Probleme, die uns als Nutzerinnen und Nutzer von Webseiten, Formularen und Online-Diensten oft nerven, sind das Gegenteil einer guten Customer Experience. UX Design will genau das verhindern.

Was macht eine gute User Experience aus?

Eine „gutes“ UX Design ist schwer zu bewerten, da die Nutzungserfahrung naturgemäß sehr subjektiv ist. Generell gilt aber:

  • Die Nutzenden verstehen intuitiv, wie das Produkt, das System, die Weboberfläche oder der Service zu bedienen ist.
  • Es ist möglich, schnell zurück zu navigieren.
  • Die Menschen erkennen Konzepte oder Prozesse aus ihrem echten Leben wieder und fühlen sich so gut “abgeholt”.
  • Es existieren wenige Menü-Ebenen und wichtige Funktionen sind schnell zu finden.
  • Nur notwendige Informationen sind sichtbar.
  • Effektive Hilfefunktionen unterstützen die Kundinnen und Kunden bei der Bedienung.

Wie auf dieser englischsprachigen Webseite nachzulesen ist, kann man die Ursprünge von UX Design zurückverfolgen bis zum chinesischen Konzept „Feng Shui“ – die Optimierung der Raumnutzung auf Basis des Energieflusses. Auch im alten Griechenland wurde im Rahmen der Wissenschaft der Ergonomie der Mensch bereits in den Designprozess einbezogen. In den 90iger Jahren wurde der Kognitionswissenschaftler Donald Norman als erster „User Experience Architect“ für Apple eingestellt. Sein Buch „The design of everyday things“ gilt als klassisches Werk im UX Design. Heute gehen Expertinnen und Experten davon aus, das UX Design der zentrale Treiber für viele technologische Innovationen in den nächsten Jahrzehnten ist.

Man kann also sagen, dass das Ziel von UX Designerinnen und Designern ist, ein Produkt oder ein Service so zu entwickeln, dass es intuitiv erlernbar und leicht zu bedienen ist. Der Prozess sieht vor, dass der Mensch hierbei in den Vordergrund gestellt wird. Im Grunde genommen soll damit Kundinnen- und Kundenzufriedenheit sowie Loyalität zur Marke sichergestellt werden.

UX Design und Psychologie

Es gibt sie bereits, die nahtlos funktionierenden und für Nutzende optimierten Produkte. Apple oder auch Tesla sind hier zwei Beispiele, die UX Design einen hohen Stellenwert einräumen und vielleicht auch deshalb so erfolgreich sind. Und mittlerweile wird eine optimale User Experience als selbstverständlich wahrgenommen. Vorbei scheinen die Zeiten zu sein, in denen man sich seitenlange Gebrauchsanweisungen durchlesen musste, um ein Produkt nutzen zu können. Elon Musk wird nicht umsonst zitiert mit:

Any product that needs a manual to work is broken.​

Ein solches Produkt, eine Website oder ein System, das ohne Anleitung auskommt und mit einer guten User Experience zu entwickeln, erfordert ein hohes Verständnis an Psychologie. Wo schaut die Person als erstes hin? Was fällt ins Auge und warum? Wie trifft der Mensch Entscheidungen? Warum nutzt er Produkte oder Systeme auf eine bestimmte Art und Weise? An welchem Punkt gibt ein User auf und verlässt die Website oder App? Auch analytisches Vermögen, Kreativität und Offenheit sind von UX Designerinnen und Designern gefordert.

Wie funktioniert UX Design konkret?

Zuerst besteht die Herausforderung darin, herauszufinden, wie der Mensch mit dem Produkt umgeht. Dazu werden Personas-Profile mit Eigenschaften der Kundinnen und Kunden erstellt. Daraufhin wird deren Umgang mit dem Produkt definiert und es werden Prototypen erstellt. Bevor eine neue Funktion umgesetzt wird, muss diese mit Vertreterinnen und Vertretern der Zielgruppe getestet werden. Oft zeigt der Umgang mit dem Produkt dann, dass sich die Nutzenden in der Praxis anders verhalten, als beim Prototyping vorausgesagt. Dann gilt es, das Design anzupassen.

UX Design erfordert eine hohe Aufgabenvielfalt. Zur Forschung (Research) über Analyse von Geschäftsmodellen (Business Analyse), Testverfahren (Testing) und Projektmanagement kommen auch technischere Fähigkeiten wie Visualisierung (Wireframing) und Prototyping, also das schnelle Entwickeln eines Prototypen, hinzu. Da in der Produktentwicklung viele Stakeholder involviert sind, müssen UX Designerinnen und Designer alle beteiligten Personen aktiv einbeziehen.

Es ist kaum möglich, alle Komponenten in einer Person zu vereinen. UX Design teilt sich daher in verschiedene Funktionen auf: Information-Architektinnen und Architekten, Content Strateginnen und Strategen sowie so genannte UI Designerinnen und Designer, die sich um die Optik der Services kümmern. UI steht hier für User Interface und bedeutet die Konzentration auf Farben, Formen, Kontrasten, Größenanordnung und Einheitlichkeit der visuellen Erscheinung des Produkts oder des Services. UX und UI Designerinnen und Designer arbeiten eng zusammen, um nicht nur eine gut durchdachte Nutzung zu garantieren, sondern das Produkt auch noch ästhetisch ansprechend zu gestalten.

UX Design Prozess

Der UX Design Prozess besteht aus fünf Grundelementen und wird iterativ immer wieder durchgeführt.

Kommentare (0)


Schreiben Sie doch den ersten Kommentar zu diesem Thema.

Kommentar absenden

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Weitere Beiträge

Feedback zum Beitrag:
2 Bewertungen mit 5 von 5 Sternen
Dr. Stefan Döring
Ein Beitrag von:
Dr. Stefan Döring
Milena Marzluff -
Co-Autoren­schaft:
Milena Marzluff