Frauen und Digitalisierung: Veränderung geht nur gemeinsam

26. August 2020
Ein Beitrag von Dr. Stefan Döring
Die Corona-Krise war ein Beschleuniger für die Digitalisierung in der Arbeitswelt. In kurzer Zeit mussten viele Unternehmen das bisher eher wenig verbreitete Homeoffice ermöglichen und Beschäftigte mit notwendigen Geräten ausstatten. Doch wie sind insbesondere Frauen mit dieser Änderung umgegangen? Und wie können Frauen von den neuen digitalen Angeboten profitieren? Diese Frage wurde auf dem Digitaltag 2020 der Landeshauptstadt München in einer Podiumsdiskussion näher betrachtet. Unsere Autorin Mareike Rupertus war dabei und berichtet:

Homeoffice und Kinderbetreuung – Doppelbelastung für Familien

Die Corona-Krise wird als Treiber der Digitalisierung gesehen – gerade in der Arbeitswelt. Am Digitaltag 2020 hat daher die Gleichstellungsstelle für Frauen in München zur Diskussion eingeladen. Moderatorin Simone Fasse hat zusammen mit Nicole Lassal, Maren Heltsche und Dr. Rahild Neuburger darüber gesprochen, wie Frauen von der Digitalisierung profitieren können.

Direkt am Anfang erklärte Nicole Lassal, städtische Gleichstellungsbeauftragte und Leiterin der Gleichstellungsstelle für Frauen in München, dass in den letzten Monaten die meisten Frauen eher nicht von der Digitalisierung profitierten konnten. Denn für viele Familien bedeutete die gleichzeitige Schließung von Kindergärten und Schulen, dass Kinderbetreuung und Beruf nun daheim stattfanden. Und oft waren es Frauen, die versucht haben, beides zu vereinbaren. Dr. Rahild Neuburger, Wirtschaftswissenschaftlerin an der LMU München, sieht das etwas anders:

Viele Väter sehen die Home Office Zeit als positiv an und unterstützen ihre Frauen tatkräftig. Hier ist es wichtig, die Familie als Ganzes zu sehen und diese bei Beruf und gleichzeitiger Kinderbetreuung zu unterstützen.​

Klare Homeoffice-Regelungen notwendig

Maren Heltsche, Programmiererin bei der Klimaschutzstiftung myclimate und Sonderbeauftragte des Deutschen Frauenrats, sieht ein großes Problem darin, dass die Führungskultur in Deutschland sehr an Präsenz gekoppelt ist. Dies sei aber nicht zwingend notwendig, wie die letzten Monate gezeigt haben. Laut einer Studie möchten sogar 42 Prozent der deutschen Unternehmen auch nach der Corona-Zeit ihren Beschäftigten ermöglichen, im Homeoffice zu arbeiten. Offensichtlich waren die Erfahrungen also gut. Sie stellt klar:

Wir müssen viel stärker gewichten, wo physische Anwesenheit benötigt wird und wo nicht. In den letzten Monaten ist viel online möglich geworden. Das sollten wir beibehalten.

Dr. Rahild Neuburger begrüßte ein alternierendes Vorgehen: eine Mischung aus Homeoffice und Präsenz im Büro. Frauen und Männer sollten selbst entscheiden können, wann sie wo arbeiten wollen. Dabei brauche es aber klare Regelungen und Vertrauen – ohne das Gefühl zu haben, immer erreichbar sein zu müssen.

Online-Netzwerke, virtuelle Schulungen und digitale Events für Frauen

Eine große Chance für Frauen ist aktuell die Teilnahme an digitalen Veranstaltungen, Weiterbildungen und Schulungen. Gerade durch die Corona-Krise ist die Anzahl an solchen Angeboten gestiegen. Sie können so von zu Hause an den Formaten teilnehmen und dies besser mit Beruf und Familie vereinbaren.

Doch auch hier muss sichergestellt sein, dass die notwendigen Voraussetzungen vorhanden sind, um an diesen Formaten teilzunehmen. In der Session wurde diskutiert, dass sich Frauen oft nicht zutrauen, mit digitalen Tools umzugehen und es fehlt ihnen die Zeit, sich damit zu beschäftigen. Hier spricht man von einem sogenannten Digital Gender Gap. Dieser beschreibt, dass Frauen tendenziell über weniger digitale Skills verfügen als Männer. Es ist also Grundvoraussetzung, diesen Digital Gender Gap durch entsprechende Angebote zu schließen:

Frauen müssen je nach persönlicher Lebens- und Arbeitslage ihre Möglichkeiten weiterverfolgen und nutzen. Sie sollten mutig sein und über ihre Grenzen hinausgehen.​

Dr. Rahild Neuburger betonte gegen Ende noch einmal, dass man langfristig nicht zwischen Männer und Frauen trennen dürfe, sondern eine gemeinsame Lösung gefunden werden muss.

Ein schöner Abschlusssatz der Session, die insgesamt die Diskussion zum Thema Frauen und Digitalisierung in den Vordergrund rückte.

 

1 Kommentar


  1. Berufstätige Frauen und Mütter gehen seit Generationen über Ihre Grenzen hinaus und sind auch jetzt diejenigen die die Hauptlast der geschlossenen Schulen tragen und immer noch diejenigen, die auch jetzt die Hauptlast tragen und zur Kindererziehung Teilzeit arbeiten.
    Und nachdem Väter mitbekommen haben, wie so ein Tag aussieht, flüchten sie sich wahrscheinlich gerne wieder an Ihren Arbeitsplatz, sofern noch nicht eingespart.
    Ist die Frage wieviele Männer home-office un Teilzeit beantragen, was ja bei der Stadt München sehr gut geht und sich die 3 fach Belastung wirklich zu teilen.

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