Internet of Behaviors erklärt – #explainIT

17. Mai 2021
Ein Beitrag von Dr. Stefan Döring

Für Technologien, die sich direkt auf den Menschen konzentrieren, wie etwa Gesichtserkennung und Standortverfolgung, gibt es den Begriff Internet of Behaviors. Aber wozu braucht man das? In unserem neuen Beitrag der Reihe #ExplainIT schauen wir uns das einmal genauer an:

Die Weiterentwicklung des Internet of Things

Der Begriff Internet of Behaviors (IoB) geht auf das amerikanische Forschungsunternehmen Gartner zurück und bedeutet auf Deutsch so viel wie „Internet der Verhaltensweisen“. IoB kommt Ihnen bekannt vor? Das liegt vermutlich an seiner Ähnlichkeit mit IoT – dem Internet of Things, dass wir bereits in unserer Serie #explainIT vorgestellt haben. Tatsächlich sind die beiden Technologien eng miteinander verwandt. Das Internet of Behaviors ist sozusagen die Weiterentwicklung des Internet of Things.

IoT steht für die zunehmende Vernetzung „intelligenter“ Geräte und Gegenstände wie etwa Haushaltsgeräte oder Smart Watches. Die dabei anfallenden Daten über deren Nutzerinnen und Nutzer und deren Umgebung wertet das Internet of Behaviors aus.

“Behavior” – Konzentration auf das Individuum und sein Verhalten

Internet of Behaviors kann als eine Kombination aus den Bereichen Technologie, Datenanalytik und Verhaltenswissenschaft betrachtet werden. Die Daten, die bei der Nutzung „intelligenter“ Geräte entstehen, werden gesammelt und analysiert, um das Nutzerverhalten zu verstehen oder sogar beeinflussen zu können. So können Unternehmen mithilfe dieser Datenanalysen personalisierte Werbung erstellen. Diese hat durchaus große Auswirkungen auf unser Kaufverhalten.

Nicht nur, um den Konsum bestimmter Produkte anzukurbeln, lässt sich Internet of Behaviors einsetzen. So gibt es Anwendungen, die uns motivieren sollen, unser Verhalten zum Besseren zu verändern – zum Beispiel Strom zu sparen oder weniger Müll zu produzieren. Auch hier bedarf es genauer Daten, wie der Mensch “tickt”, also wie er aktuell Strom nutzt und Müll produziert.

Mögliche Anwendungsbereiche des Internet of Behaviors

Spätestens jetzt wird deutlich, dass der Datenschutz hohe Anforderung an das Internet of Behaviors stellt. Im Folgenden erläutern wir zwei Beispiele etwas genauer:

Die Gesundheits-App

Eine Gesundheits-App auf dem Smartphone erhebt – zum Beispiel auch in Verbindung mit einer Smart Watch – Daten über Ernährung, Schlafgewohnheiten und Bewegung der Nutzerinnen und Nutzer. Diese “Überwachung” soll helfen, einen gesünderen Lebensstil zu verfolgen. Das Programm könnte vorschlagen, sich mehr zu bewegen, gesünder zu essen oder mehr zu schlafen. Das menschliche Handeln wird also technologisch unterstützt. Ein klassisches Anwendungsfeld des Internet of Behaviors.

Oft sind diese Apps kostenfrei. Denn auch Unternehmen profitieren von den gesammelten Daten, indem sie Produkte vorschlagen, die genau in die individuelle Lebenssituation passen oder helfen, das persönliche Gesundheitsziel zu erreichen. Bei solchen Anwendungen ist also darauf zu achten, wer Zugriff auf die erzeugten Daten hat und wofür sie eingesetzt werden.

Internet of Behavior

Gesundheits-App mit Vitaldaten und Bewertung des Lebensstils, Quelle: 123rf.com, Autor: tele52

Vernetztes Fahren

Ein anderes Beispiel für die Anwendung des Internet of Behaviors ist das vernetze Fahren. Das Fahrzeug sammelt verschiedene Daten wie den Standort, das Fahrverhalten, die Fahrt- und Standzeiten oder den Verbrauch und schlägt Fahrerin und Fahrer Maßnahmen vor, um sich zu “verbessern”. So verbrauchen wir weniger Treibstoff, helfen der Umwelt und sparen Geld an der Tankstelle.

An diesen Daten haben aber auch Versicherungen großes Interesse, um ihre Kundschaft über ein Prämiensystem zu motivieren, vorsichtiger zu fahren. Einige dieser Tarife gibt es bereits. Darüber hinaus hätten auch Automobilhersteller ein Interesse an Messungen des Fahrverhaltens, die dabei helfen könnten, ihre Motoren und Sicherheitsstandards zu optimieren. Auch bei diesen Anwendungen sind Datenschutzfragen oft noch nicht abschließend geklärt.

Ethische Bedenken rund um das Internet of Behaviors

Gartner geht in seiner Prognose davon aus, dass bis 2025 etwa 50 Prozent der Menschen weltweit vom Internet of Behaviors in irgendeiner Art erfasst sein werden. Dies kann in der Praxis nicht nur kommerziell, sondern auch durchaus staatlich gesteuert sein. Zum Beispiel durch öffentliche Überwachungskameras oder über Handyortung.

Die Gefahr besteht, dass diese Fülle an Daten für falsche Zwecke missbraucht werden könnte. Umso mehr bestimmte Organisationen über uns erfahren, desto eher können sie unser Verhalten beeinflussen. Datenschutz spielt also hier eine große Rolle. In Deutschland und Europa wird bei der Verarbeitung von personenbezogenen Daten daher viel Wert auf den Datenschutz der Gesellschaft gelegt. In Staaten, wo dies nicht der Fall ist, kann die Nutzung des Internet of Behaviors im Extremfall zu einer gläsernen Bevölkerung führen, die durch Internet of Behaviors regelrecht manipuliert wird. Es ist also wie so oft: Die Technik kann unser Leben besser machen. In falschen Händen missbraucht, kann sie aber auch Schaden anrichten.

Kommentare (2)


  1. Ein weiterer Bereich, in dem jeder einzelne durch sein Verhalten einen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann, ist der Verkehrssektor, der im vergangenen Jahr 146 Millionen Tonnen Treibhausgase ausgesto?en hat. Laut “Eco-Tipp” der Brandenburgischen Technischen Universitat ist zum Beispiel ein Hin- und Ruckflug von Frankfurt nach Teneriffa so klimaschadlich, wie ein komplettes Jahr das Auto zu nutzen.

    Antworten
  2. Gerade im Thema Gesundheit-App ist eine große Diskussion im Netz, bezüglich der elektronischen Gesundheitsapp ePA und dem elektronischen Rezept eRezept, wg. Datenspeicherung, -sicherheit und Anonymität, Vertraulichkeit, etc. Viele Ärzte sind gegen Speicherung vertraulicher Daten auf zentralen Servern. Das Geschäftsinteresse des BMfG erscheint wichtiger zu sein, als das Vertrauen der Anwender*innen zu gewinnen. Auch scheint die technische Umsetzung mangelhaft zu sein. UND was ist mit Bürgern*innen ohne digitale, mobile Geräte? Hier geht viel Vertrauen in die Digitalisierung verloren.

    Antworten

Kommentar absenden

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Weitere Beiträge

Feedback zum Beitrag:
11 Bewertungen mit 3.9 von 5 Sternen
Dr. Stefan Döring
Ein Beitrag von:
Dr. Stefan Döring
Benjamin Wimmer -
Co-Autoren­schaft:
Benjamin Wimmer