Eigentlich sind sich heute alle darüber einig, dass Medienkompetenz bedeutend ist für unsere digitale Gesellschaft. Nicht nur Erwachsene müssen kompetent mit Medien umgehen können, sondern auch Kinder und Jugendliche sollen dies möglichst früh lernen. Medienkompetenz gilt oftmals gar als Schlüsselkompetenz.
Dennoch besteht über die konkrete Definition von Medienkompetenz nicht immer Einigkeit. Häufig wird in diesem Zusammenhang die Bedeutung einer informatischen Kompetenz in den Vordergrund gestellt. Dies meint die Notwendigkeit, Grundlagen von Programmiersprachen zu erlernen und Einstiegsmöglichkeiten in das Coding (bereits im Kindesalter) zu bieten. Dies ist sicherlich ein bedeutender Teilaspekt, allerdings umfasst er längst nicht alle wichtigen Bereiche.
Was beinhaltet Medienkompetenz?
- Für die Dimension der Vermittlung sind Medienkritik und Medienkunde bedeutend: Jeder Mensch muss in der Lage sein, Medieninhalte und -formate kritisch und analytisch zu hinterfragen und Medien auch selbstreflexiv zu nutzen. Zudem muss grundlegendes Wissen über Mediensysteme und gesellschaftliche, wie wirtschaftliche Zusammenhänge vorhanden sein. Auch technische Grundkenntnisse und Adaptionsmöglichkeiten für neue Techniken fallen in diesen Bereich.
- Die Dimension der Zielorientierung bezieht sich auf das Verhalten der Menschen. Hierfür sind Mediennutzung und Mediengestaltung wichtig: Die Menschen sollen Medien sowohl passiv (rezipierend) wie auch aktiv (beziehungsweise interaktiv) benutzen können. Daneben ist es elementar wichtig, eigene Medieninhalte gestalten zu können, um zu beurteilen, was hinter den Kulissen geschieht. Dafür ist die „aktive Medienarbeit“ ein passender Ansatz. Dabei geht es also zum Beispiel um die Produktion eigener Videoclips und Audio-Beträge oder die professionelle Bildbearbeitung. Auch in zahlreichen Social-Media-Apps finden sich heute entsprechende Tools und Optionen.
Die Bedeutung von Medienkompetenz in Wissenschaft und Verwaltung
Nicht nur in der Pädagogik wird Medienkompetenz als Schlüsselqualifikation wahrgenommen. In der Soziologie werden beispielsweise Handlungskompetenzen von Heranwachsenden betont, die für das gesamtgesellschaftliche Zusammenleben und die Rolle des Individuums wichtig sind.
In der politischen Bildung wird Wert auf die Urteils- und Handlungsfähigkeit sowie auf die Sensibilisierung für mediale Darstellungsformen gelegt. Menschen müssen Informationen hinterfragen können, um beispielsweise auch Propaganda und “Fake News” zu erkennen. Zudem ist die Befähigung zur gesellschaftlichen Teilhabe und zur Partizipation ein wichtiges Element der Bildung. Auch die Rolle digitaler Plattformen und medienvermittelter Artikulation ist in diesem Kontext bedeutend.
Für öffentliche Verwaltungen und ihre zunehmend digitalen Angebote ist Medienkompetenz natürlich eine entscheidende Grundlage. Die Stadt München arbeitet derzeit im Rahmen ihrer Digitalisierungsstrategie am neuen München-Portal, das nicht nur Informationen liefert, sondern auch Leistungen wie Online-Formulare und -Anträge bereithält. Nur wenn Bürgerinnen und Bürger sowie die Beschäftigten medienkompetent sind, werden solche E-Government-Angebote Erfolg haben.
Medienkompetenz in der Schule?
Die Frage nach der „Zuständigkeit“ für die Vermittlung von Medienkompetenz ist in Deutschland bislang noch nicht klar beantwortet. Üblicherweise denken wir zunächst an die Schulen, wenn es darum geht, grundlegende Kompetenzen zu lehren.

Medienkompetenz – Kinder lernen mit Tablet, Quelle: Interaktiv
Doch in den Lehrplänen ist das Thema „Medien“ nur teilweise verankert. Auch in der Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften wird dieser Aspekt oft nur optional angeboten – beispielsweise an der ALP Dillingen für bayerische Lehrkräfte und für Lehrende der Stadt München am Pädagogischen Institut. Aktuelle Materialien finden sich meist nicht in den Schulbüchern, sondern sind zum Beispiel auf dem Bildungsportal mebis, beim Medienführerschein Bayern oder auf Seiten wie klicksafe verfügbar. Letztlich ist die technische Ausstattung der Schulen noch nicht flächendeckend zufriedenstellend. Hier soll der DigitalPakt Abhilfe leisten.
Der Nachholbedarf ist insgesamt sehr groß. Deshalb ist die Vermittlung von Medienkompetenz derzeit eher als Aufgabe für Eltern und die außerschulische Bildungseinrichtungen anzusehen.
Interaktiv – das Münchner Netzwerk Medienkompetenz
In München agiert bereits seit 1995 das Netzwerk Interaktiv, das zahlreiche Akteurinnen und Akteure versammelt, die im Bereich Medienkompetenzvermittlung tätig sind. Hier bündeln freie und öffentliche Träger, Vereine und städtische Referate, Institute und Bildungseinrichtungen ihr Fachwissen und tauschen sich regelmäßig über neue Entwicklungen aus. Das Netzwerk agiert im Auftrag des Sozialreferats, des Referats für Bildung und Sport und des Kulturreferats der Landeshauptstadt München.
Interaktiv versteht sich als offenes Netzwerk, das immer neugierig auf neue Ideen, Projekte und Mitwirkende ist. Daher waren wir in diesem Jahr auch Partner beim BarCamp #MucGov19 zum Thema Digitale Stadt. Alle Interessierten, die im Bereich der Medienkompetenzförderung aktiv sind, können gerne Kontakt mit uns aufnehmen oder zu einem unserer Events kommen.
Gemeinsam möchten wir München als innovativen Standort für Medien, Medienkompetenz und digitale Kultur weiterentwickeln. Es gibt noch viel zu tun, also packen wir es an!
Also durch die vier Bereiche >MedienkritikMedienkundeMediennutzungMediengestaltung< wird der Begriff Medienkompetenz zumindest etwas fassbarer. Ob es sich dabei um eine Schlüsselkompetenz handelt – und in welchem Verhältnis diese zu den anderen Schlüsselkompetenzen steht – lässt für mich noch eine Menge Diskussionsspielraum. Etwas Sorge macht mir das Statement „Der Nachholbedarf ist insgesamt sehr groß.“ verbunden mit der Schlussfolgerung „Deshalb ist die Vermittlung von Medienkompetenz derzeit eher als Aufgabe für Eltern und die außerschulische Bildungseinrichtungen anzusehen.“ Kinder, die heute in die Schule gehen gehören zur ersten (vielleicht auch zur zweiten) Generation, die keine „internet- oder handyfreie Welt“ kennen. Wer sonst außer „Die Schule“ soll den Kindern die (wenigstens) Basics vermitteln? Aber bitte nicht in Form eines Informatik-Unterrichts (die Kenntnisse von Grundlagen in Programmiersprachen braucht m.E. niemand), sondern am Besten durch stetiges Vorleben im Alltag.