Daumendrücken
Seit Anfang letzten Jahres erstellt der GeodatenService München in enger Zusammenarbeit mit dem IT-Referat auf Basis einer Vielzahl von Daten ein virtuelles Abbild der Stadt, den „Digitalen Zwilling“. Wir berichteten bereits im Mai 2019 erstmals über dieses Leuchtturmprojekt.
Die Landeshauptstadt München hat sich nun für die zweite Staffel des aktuellen Förderprogramms des BMI unter dem Titel “Modellprojekte Smart Cities: Stadtentwicklung und Digitalisierung” beworben. Der Antrag wurde vom IT-Referat, dem Kommunalreferat und dem Referat für Stadtplanung und Bauordnung gemeinsam erarbeitet und fristgerecht eingereicht.
Jetzt heißt es Daumendrücken, auch bei Kommunalreferentin Kristina Frank, für die der Digitale Zwilling das zentrale Werkzeug zur Lösung von Münchens Verkehrsproblemen ist:
Durch die Digitalisierung, Vernetzung und Visualisierung unserer Daten können wir Lösungsansätze für Verkehrsprobleme hinsichtlich Effektivität und Effizienz testen. Der Digitale Zwilling ist ein echtes Multitool.
Auf dem Weg zum detaillierten digitalen Abbild der Stadt
Im aktuell laufenden Förderprojekt ist das Hauptziel des Digitalen Zwillings die Verbesserung der Basis raumbezogener Daten für die Belange der städtischen Verkehrsplanung und -steuerung. Das alles mit dem übergeordneten Ziel der Luftreinhaltung.
Dabei wird München in 2D und vor allem in 3D repräsentiert, zum Beispiel mit Hilfe eines detaillierten digitalen 3D-Stadtmodells. Dieses wird angereichert mit umfangreichen Informationen, welche sowohl aktuell als auch historisch, statisch wie dynamisch (zum Beispiel Echtzeitdaten) sind.
Auf dieser Datenbasis lassen sich Planungen und ihre Auswirkungen simulieren und veranschaulichen. So können innovative Ideen für neue Mobilitätskonzepte hinsichtlich ihrer Konsequenzen auf den Verkehrsfluss und die Reduktion von Luftschadstoffen in Münchens Digitalen Zwilling untersucht und optimiert werden. Erst nach dieser Optimierung werden die Planungen dann real umgesetzt.
Durch Klonen des Digitalen Zwillings können beispielsweise auch wissenschaftliche Einrichtungen in einer eigenen Laborumgebung die Mobilität der Zukunft mit Echtdaten der Landeshauptstadt München erforschen.
Münchner Straßenraum umfassend vermessen
Seit Mai letzten Jahres hat sich Einiges getan. Im Rahmen des laufenden Förderprojekts liegen die Schwerpunkte aktuell auf zwei Herausforderungen:
Aufbau und Integration der Datenbasis
Hierbei wird auf die städtische Geodateninfrastruktur aufgesetzt, die bereits umfangreiche raumbezogene Informationen beinhaltet. Mit einer Straßenbefahrung (Street View) wird zudem im gesamten Stadtgebiet der Straßenraum vermessen, Verkehrszeichen, Fahrbahnmarkierungen und Fahrspuren einschließlich der Radwege und Gehsteige erkannt und im Digitalen Zwilling in 2D und 3D kartiert.
Ziel ist ein Modell, in dem die gesamte Verkehrslogik digital verfügbar ist: Was sind Busspuren, Radwege, Fahrspuren und welche Verkehrsregeln gelten dort? Die Sicherheit der städtischen Daten und der sensible Umgang damit steht dabei im Vordergrund.
Induktionsschleifen und weitere Sensoren liefern darüber hinaus Echtzeitdaten zum Verkehrsfluss. Luftmessstellen liefern Daten zu aktuellen Luftschadstoffen. Der Ausbau und die Integration weiterer Sensordaten läuft derzeit und wird die Anwendungsfälle für den Digitalen Zwilling in Zukunft noch bedeutend erweitern.
Konzeption und Aufbau der erforderlichen IT-Infrastruktur
Neben der großen Herausforderung, eine geeignete IT-Infrastruktur zu konzeptionieren und aufzubauen, fallen unter diesen Schwerpunkt auch die Erprobung und Einführung moderner Technologien wie Augmented Reality. Darüber hinaus kommen neuartige, zielgruppenorientierte Visualisierungen zum Einsatz. So gelingt die Beteiligung der Bürgerschaft an stadtplanerischen Prozessen.
Letztendlich ist der Digitale Zwilling eine wesentliche bereichsübergreifende Entwicklung im Rahmen der Digitalisierungsstrategie, die in den Folgejahren kontinuierlich ausgebaut und weiterentwickelt wird.
Pendlerverflechtungen von Beschäftigten zwischen ihrem Wohnort außerhalb Münchens und dem Arbeitsort in München, Quelle: GeodatenService München
Sensorportal München als zentrales Analyse- und Visualisierungstool
Ein zentrales Instrument für die Entwicklung und Demonstration von Möglichkeiten zur Umsetzung künftiger Anwendungsfälle ist das Sensorportal München. Dabei wird in Form eines „Proof of Concepts“ (Machbarkeitsbeweis) die Integration der unterschiedlichen Datensätze umgesetzt. Neben der Visualisierung der Daten in 2D und 3D können zentrale Analysewerkzeuge, wie Kartendarstellung, Heatmaps, Zeitverläufe, fotorealistische Präsentation und Simulationen genutzt werden.
Dabei kommt die zentrale Webanwendung des GeoPortal München zum Einsatz. Diese Applikation wurde ursprünglich durch den Landesbetrieb Geoinformation und Vermessung Hamburg sowie den GeodatenService München gemeinschaftlich (weiter-)entwickelt. Nachdem diese Partnerschaft geöffnet wurde, finden sich darin mittlerweile 24 Mitglieder, darunter zahlreiche Städte, mehrere Bundesländer sowie der Bund.
Der Digitale Zwilling als Beispiel erfolgreicher Städtekooperation
Nicht nur in diesem Rahmen ist der intensive Austausch mit den Partnern und Städten wie Wien und Hamburg ein Vorzeigemodell. Im Zentrum steht, voneinander zu lernen und gemeinsam Innovationen voran zu bringen. Derzeit werden Kooperationsvereinbarungen mit beiden Städten vorbereitet, um noch umfangreicher voneinander partizipieren zu können.
Darüber hinaus wurde das Förderprojekt auch im Rahmen des Treffens der 40 europäischen „Lighthouse Cities“ im Oktober 2019 in Lyon vorgestellt. Das Interesse der Städtevertreterinnen und -vertreter war groß, das Feedback sehr positiv. Nun gilt es, die umfangreichen Herausforderungen im Rahmen des Förderprojekts umzusetzen.
Dieses Projekt ist gleichermaßen innovativ und vorausschauend – vermutlich werden wir erst in vielen Jahen erkennen, wie die Erkenntnisse daraus die Entwicklung von München befördern wird. Da steckt so unendlich viel Potenzial drin…