Wie weit ist die Digitalisierung in der Verwaltung vorangeschritten? Welche weiteren Schritte in Richtung digitale Verwaltung können und müssen wir jetzt gehen, um der Gesellschaft eine gute digitale Zukunft zu bieten? So lauteten die Fragen anlässlich unseres diesjährigen Jubiläums. In diesem Nachbericht zum Open Government Tag finden Sie verschiedene Antworten der eingeladenen Expertinnen und Experten und einen Link zu den Videoaufzeichnungen.
Heute auf den #OGTM22 Open Government Tag 2022 Münchens - zum 10. Mal und in der Tradition wieder im Alten Rathaus. Begrüßung durch unsere CDO Laura Dornheim @schwarzblond und jetzt weiter viel Spannendes - auch im Stream verfügbar #MuenchenDigitalErleben #Digitalisierung pic.twitter.com/AK9mEfIC2Y
— Wolfgang Glock (@magicenton) November 3, 2022
Zunächst begrüßte IT-Referentin und CDO der Stadt München Dr. Laura Dornheim die Gäste und Teilnehmenden und gab einen Ausblick auf den Tag. Sie machte deutlich, dass im Zuge der Digitalisierung ebenso wie Zukunftsvisionen auch Rückblicke zum Beispiel auf zu verändernde Prozesse wichtig sind. Dabei spielt das Vernetzen der einzelnen Referate und Eigenbetriebe durch das IT-Referat eine wichtige Rolle, damit diese sowie Bürgerinnen und Bürger von dem digitalen Wandel profitieren können. Denn die Digitalisierung soll allen dienen, ganz im Sinne der Digitalen Teilhabe.
Auch der Open Government Tag sollte die Inklusion aller ermöglichen: So wurden alle Vorträge gebärdendolmetscht und es gab eine Übersetzung des englischsprachigen Vortrages. Interessierte, die nicht vor Ort am #OGTM22 teilnehmen konnten, konnten im Livestream den Vorträgen und Fragerunden folgen.
Zusammen sind wir weniger allein
Nach dem Grußwort der IT-Referentin eröffnete Dr. Beate Ginzel, Leiterin des Referats Digitale Stadt Leipzig, den #OGTM22. Sie stellte die digitale Agenda der Stadt Leipzig vor, die unter anderem Projekte zur Digitalisierung der Bereiche Wirtschaft, Stadtgesellschaft und Klimaschutz enthält. Damit machte sie gleich zu Beginn deutlich, dass Digitalisierung in allen Lebensbereichen möglich und notwendig ist.
Besonders hervorzuheben sei hierbei das Projekt zugunsten der einkommensschwachen Stadtgesellschaft in Leipzig: Denn noch immer sei der Zugang zur digitalen Welt und damit zur Digitalisierung vielen Menschen versperrt, oftmals aufgrund eines geringen Einkommens oder finanzieller Benachteiligung. Die Mitglieder von Hardware for Future setzen hier an und bereiten gespendete Hardware auf, damit auch Bedürftige, vor allem betroffene Kinder und Jugendliche, die Digitalisierung miterleben können.
Standards – Hilfe oder Hindernis?
Dieser Frage gingen Hendrik Ewens, Referent bei der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement, KGSt, und Tabea Hein, Referentin für das Föderale Informationsmanagements, FIM bei der Vernetzungsstelle FITKO nach. In ihrem Vortrag zeigten sie anhand eines Praxisbeispiels der Gesundheitsämter im Jahr 2021, dass ohne Schnittstellen und Standards die Datenübertragung zwischen unterschiedlichen Fachanwendungen erheblich erschwert wird.
Bis die Schnittstellen zur Verfügung stehen, werden die Personendaten zunächst händisch in einem System erfasst und nach Bearbeitung ebenfalls händisch in das nächste Tool übertragen. Obwohl der Aufbau von Standards aufwändig und zeitintensiv ist, bieten diese viele Potenziale, indem sie unter anderem das Zusammenspiel verschiedener Systeme, aber auch Techniken und Organisationen, ermöglichen.
Helsinki Smart Region for resilient, green and digital transition (ein Vortrag in englischer Sprache)
Venla Virkamäki, Senior Advisor for EU Affairs beim Helsinki-Uusima Regional Council, erinnerte in ihrem englischsprachigen Vortrag daran, dass wir angesichts globaler Herausforderungen wie dem Klimawandel einen systemischen Wandel brauchen. Die Stadt Helsinki gilt bereits heute als Vorbild, weil sie dazu verschiedene Lebensbereiche zusammenführt. Der Europäische Innovationsanzeiger nannte Helsinki bereits 2019:
The most progressive area within the EU – die progressivste Region der EU
So arbeiten die einzelnen Regionen der Stadt eng zusammen, um mit Hilfe von Forschungs- und Innovationsaktivitäten unter dem Stichwort „Resource Wisdom”, also „Ressourcenweisheit“ Gesellschaft und Umwelt in Einklang zu bringen. Verschiedene Akteure, Unternehmen, Start-ups, der öffentliche Sektor und Forschungseinrichtungen, arbeiten gemeinsam mit den Bürgern an innovativen Projekten.
Inkubation, Transformation und Künstliche Intelligenz
Wie kann digitale Innovation zum Nutzen von Bürgerinnen und Bürgern in der Verwaltung gelingen? Dieser Frage stellten sich Dr. Stefanie Lämmle, Leiterin des InnovationLab der Landeshauptstadt München, und ihr Stellvertreter Fabian Kors. Digital in das Alte Rathaus zugeschaltet, warf Dr. Lämmle zunächst einen Blick in das „Büro der Zukunft“ im Jahr 1985. Damals wurde ein Jahr ISDN-Kommunikation bei der Landeshauptstadt gefeiert.
Heute beschäftigt sich das Team, zu dem auch Roboter gehören, mit dem digitalen München von Morgen: Zukunftsweisend, für eine an den Bürgerinnen und Bürgern orientierte lebenswerte Stadt. Dafür arbeitete das Team bereits an unterschiedlichen Projekten, wie beispielsweise einer Corona-Schnelltesterkennung für Blinde oder im Rahmen von der Design Thinking Methode an einer Wohnungstauschbörse.
Und Morgen? Da stehen Inkubation und Transformation im Zusammenspiel mit Künstlicher Intelligenz (KI) im Vordergrund. Mit KI als Element der IT-Strategie wurden dabei verschiedene Anwendungen erprobt. Dazu zählen beispielsweise Baumzählungen in Luftbildern.
#Liebesgrüße aus Berlin-Mitte. Die Social Media-Kommunikation des BND
Wie man den Bundesnachrichtendienst und Social Media erfolgreich zusammenbringt, zeigte Martin Heinemann, Leiter Kommunikation im Leitungsstab Bundesnachrichtendienst. Er brachte die Schwierigkeiten zunächst mit einem Beispiel aus der Vergangenheit auf den Punkt: Wenn sie im Jahr 1995 zu unserer ehemaligen Zentrale in Pullach bei München gekommen wären, hätte sich der BND Ihnen so gezeigt: Nämlich gar nicht.
Mittlerweile bereits deutlich offener, wagte der BND Mitte Mai 2021 mit seinen ersten Instagram-Posts einen weiteren Schritt in die Öffentlichkeit. Doch anders als andere Organisationen kann er weder Gesichter noch Standorte zeigen oder über Details seiner Arbeit berichten.
Dennoch ist der BND auf Social Media auf der Suche nach neuen Talenten. Dabei nutzt er verschiedene Content-Formate, wie Jobvorstellungen, verknüpft diese mit aktuellen Ausschreibungen oder stellt seine Mitarbeitenden mithilfe ihrer Büros oder persönlichen Gegenständen vor.
Die Zukunft der Social-Media-Kommunikation sieht Martin Heinemann vor allem im Metaverse, einer digitalen und interaktiven Umgebung, in der sich User als Avatare treffen können.

Screenshot des ersten Instagram-Post des BND
Open Government, die letzten zehn Jahre (und ein wenig darüber hinaus)
Gemeinsam mit Oliver Rack, Context Broker und Lehrbeauftragter für Open Government, reisten Gäste und Teilnehmende zunächst in das Jahr 1854 nach London, als Dr. John Snow den schweren Choleraausbruch kartierte. Diese einfache, aber ausgefeilte Datenvisualisierung führte zu neuen Konzepten für den Ausbruch von Krankheiten und zu neuen Möglichkeiten der Analyse und Visualisierung entsprechender Daten. Seine Entdeckungen haben auch die Verwendung öffentlicher Daten und die Organisation der Städte, in denen wir leben, beeinflusst.
Zurück in der Gegenwart folgte die Definition von Open Government als offenes Regierungs- und Verwaltungshandeln unter der Berücksichtigung von Transparenz, Partizipation und der Nutzung neuer Technologien. Diesem Ziel hat sich auch die Bundesregierung Deutschland gesetzt und mit ihrer Teilnahme an der Open Government Partnership erste Aktionspläne vorgelegt, um die Verwaltung im Zuge der Digitalisierung zu modernisieren.
Von der Bürokratie zum Management – Kulturwandel bei der Landeshauptstadt München
Die Digitalisierung verändert nicht nur Prozesse, sondern auch die Führungs- und Arbeitskultur. Wie wirkt sich dieser Kulturwandel in der Landeshauptstadt aus und wie kann er prozessual und nachhaltig verankert werden? Antworten dazu gab Steffen Malich von der stadtinternen Organisationsberatung consult.in.M.: Der Kulturwandel, so sein Statement, ist in der Verwaltung der Stadt München längst angekommen und muss auch so behandelt werden.
Hierbei ist es wichtig, zunächst in der Verwaltung den Schritt zum Management zu vollziehen. Dabei stellen Risikobereitschaft und Mut zentrale kulturelle Komponenten dar, ganz nach dem Motto:
Neue Ideen ausprobieren. Einfach mal machen.
Auch das Thema Verantwortung spielt beim Kulturwandel eine große Rolle. Denn diese muss dorthin, wo sie hingehört. Entscheidungen sollen demnach jeweils im eigenen Zuständigkeitsbereich fallen. Und zu guter Letzt, so sein Fazit, muss sich die Verwaltung der Geschwindigkeit der Digitalisierung anpassen, um mithalten zu können.
Diskussion: Wie kann die öffentliche Verwaltung die junge Generation für sich gewinnen?
Der Fachkräftemangel stellt die Verwaltung bereits heute vor große Herausforderungen – und es ist bisher kein Ende in Sicht. Denn in den kommenden Jahren werden die sogenannten „Babyboomer” (Jahrgänge 1955 -1964) in Rente gehen. Daher gilt es schon jetzt, die Generationen „Millennials” (Jahrgänge 1981-1995) und „Z” (Jahrgänge ab 1996) für die Verwaltung zu gewinnen. Die Diskutierenden waren sich dabei einig, dass im Wettstreit um den Nachwuchs dieser Generationen neben neuen Personalentwicklungskonzepten vor allem das Arbeitgeberimage deutlich verbessert werden muss.
Besonders spannend wurde es, als sich eine Teilnehmerin aus der GenZ selbst zu Wort meldete und berichtete, warum sie sich für Job in der öffentlichen Verwaltung entschieden hatte. Vor allem Jobsicherheit war hierbei das zentrale Thema. Mögliche Nachwuchstalente wollen zudem vielfältige Aufgabenspektren, gute Karrieremöglichkeiten und wünschen sich Freiräume und selbstorganisiertes Arbeiten. Der Verwaltung muss es gelingen, diese Anforderungen umzusetzen und dies auch nach außen zu kommunizieren.
Vortrag verpasst? Jetzt nachholen!
Gerne geben wir Ihnen die Möglichkeit, die Vorträge auf dem Open Government Tag 2022 nochmal in voller Länge anzusehen. Alle freigegebenen Aufnahmen finden Sie auf unserem YouTube-Kanal. Hier aber erst mal ein kurzer Rückblick auf den Tag und Stimmen von Teilnehmenden:
Save the Date!
Nachbericht_OGTM22_Gebärdendolmetscherin
Ein Vortrag wird von der Gebärdendolmetscherin übersetzt, Quelle: empaworks
Nachbericht_OGTM22_Diskussionsrunde
Die Diskussionsrunde mit Moderatorin Alice Tielich, Hendrik Ewens, Martin Heinemann und Wolfgang Glock, Quelle: empaworks
Nachbericht_OGTM22_Eventteam_und_Zuschauerin
Das Eventteam und Charlotte Pappe im Gespräch, Quelle: empaworks
Nachbericht_OGTM22_Zuschauerinnen
Beteiligung einer Zuschauerin während der Diskussionsrunde, Quelle: empaworks
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