New Work in der öffentlichen Verwaltung: Nachhaltiger Trend oder Strohfeuer?

1. Februar 2021
Ein Beitrag von Benjamin Wimmer
Eine Studie der Cassini Consulting AG beschäftigt sich mit der Frage, ob sich die durch die Corona-Pandemie schnell und flächendeckend entstandene Arbeitsweisen unter dem Stichwort New Work im öffentlichen Dienst etablieren oder nicht. Dazu wurden Teilnehmende sowohl aus der Bundes-, Landes- und auch Kommunalverwaltung befragt. Was die Studienergebnisse zeigen und wie insgesamt der Stand zu New Work in den Behörden ist, lesen Sie hier:

Digitalisierung und Flexibilisierung als Trend

Krisenzeiten wie die aktuelle Pandemie sind Treiber für Innovation und Anstoß für Veränderungen. Doch können diese Veränderungen nachhaltig verankert und die Spur der Beschleunigung gehalten werden? Die Cassini-Studie, in deren Rahmen von April bis Juni 2020 auch Vertreterinnen und Vertreter der Landeshauptstadt München befragt wurden, bestätigt zunächst den aktuellen Trend: Die Arbeit in der öffentlichen Verwaltung ist von zunehmender Digitalisierung, Flexibilisierung und Entgrenzung geprägt. Diese drei Entwicklungen sind nach den Autorinnen und Autoren der Studie Kernelemente von New Work und standen daher im Fokus.

Wofür New Work in der Verwaltung steht, hatte bereits Markus Väth auf dem Open Government Tag 2017 erläutert. Auch können Sie im Beitrag von Tobias Stephan nachlesen, wie New Work die Arbeitgeberattraktivität Münchens beeinflusst. Gerne an dieser Stelle außerdem der Hinweis auf den Beitrag “New Work im öffentlichen Dienst – Modell der Zukunft?” bei Haufe.

Übersicht über die fünf Kernbereiche von New Work
Übersicht über die fünf Kernbereiche von New Work, Quelle: Cassini
Die Teilnehmenden der Studie wurden um eine Einschätzung ihrer persönlichen Arbeitsrealität gebeten – in Bezug auf das, was am Arbeitsplatz “gestern” noch Normalität war, “heute” schon zum neuen Alltag gehört und “morgen” vielleicht dauerhafte Spuren hinterlassen wird. Erkenntnisse zur Digitalisierung der Arbeitsprozesse und der Flexibilisierung von Arbeitsort und -zeit ließen sich so ermitteln. Darüber hinaus wurde betrachtet, inwiefern die Grenzen zwischen der Arbeitstätigkeit und dem privaten Leben verschwimmen. Die Ergebnisse haben wir im Folgenden zusammengefasst:

Digitales Arbeiten und Flexibilität: New Work mit nachhaltigem Impuls

Die Digitalisierung der Arbeitsprozesse erhält einen nachhaltigen Impuls. Besonders virtuelle Meetings und Videokonferenzen sowie die digitale Zusammenarbeit von Kolleginnen und Kollegen an Arbeitsergebnissen haben in den Krisenzeiten deutlich zugenommen. Diese Veränderung wird sich auch in Zukunft in ähnlichem Ausmaß nachhaltig etablieren. Ebenfalls wird das hohe Niveau allgemeiner IT-Nutzung und die Verwendung digitaler Medien beibehalten – gerade durch Homeoffice. Diese Entwicklung eröffnet das Potenzial, die digitalen Arbeitsprozesse zu institutionalisieren und auf ein beständiges Fundament zu heben.

Eine weitere Erkenntnis der Studie: Die Flexibilisierung der Arbeitsbedingungen wird durch die vermehrte Nutzung von Homeoffice vorangetrieben. Auch zukünftig werden diese Elemente von Arbeit 4.0 in der öffentlichen Verwaltung wahrgenommen werden. Die Chance, die Akzeptanz von Homeoffice und flexiblen Arbeitszeiten nachhaltig zu steigern, kann aber ohne klare Regeln und die notwendigen technischen Voraussetzungen nicht genutzt werden. Hier gibt es Aufholbedarf.

Übersicht über die Ergebnisse der New Work-Studie von Cassini
Übersicht über die Ergebnisse der New Work Studie in den Dimensionen Digitalisierung, Flexibilisierung und Entgrenzung, Quelle: Cassini

Entgrenzung von Arbeit und Privatleben: ja, aber nicht dauerhaft

Mitarbeitende der öffentlichen Verwaltung zeigen sich in Krisenzeiten hoch engagiert und sind bereit, die Grenzen zwischen ihrer Arbeitstätigkeit und ihrem privaten Leben verschwimmen zu lassen, so die Ergebnisse der Befragung. Diese Entgrenzung, beispielsweise durch erhöhte Erreichbarkeit auch außerhalb der üblichen Arbeitszeiten, wird jedoch den Studienergebnissen zufolge nicht nachhaltig Einzug in die Arbeitsrealität der öffentlichen Verwaltung halten. Dies ist aus Gründen der Überlastung und der damit verbundenen Krankheitsfolgen auch gar nicht erwartbar. Irgendwann muss sich die Entgrenzung wieder normalisieren.

Führungskräfte sollten daher diese Bemühungen anerkennen und gleichzeitig ihre Beschäftigten dazu ermutigen, Grenzen im Sinne der Einhaltung von Erholungszeiten nicht vollständig aufzugeben, Ruhepausen einzulegen und die besondere Bereitschaft zur Mehrarbeit nicht überzustrapazieren.

Übersicht über die Ergebnisse im Bereich Entgrenzung
Visualisierung der Studienergebnisse im Bereich Entgrenzung, Quelle: Cassini

Wandel braucht Struktur: Vier Erfolgsfaktoren für New Work

Durch die Studie lässt sich festhalten, dass die Arbeitsbedingungen in der öffentlichen Verwaltung eine ungeahnte Modernisierung erfahren haben und sich auch für die Zukunft Potenziale für digitalisierte Arbeitsprozesse und flexiblere Arbeitsbedingungen eröffnen. Die aktuell veränderten Arbeitsbedingungen sind dennoch vielfach aus der Not geboren und daher nicht individuell frei wählbar. New Work ist das daher nicht. Auch birgt die Situation neben Chancen auch Risiken wie beispielsweise außergewöhnliche Belastungen. Gerade die aktuell erlebte, kurzfristige Entgrenzung kann als Grundlage für ein neues Verständnis einer Work-Life-Balance dienen.

Es zeigen sich vier Erfolgsfaktoren: Anpassungsfähigkeit und IT-Kompetenz bei den Beschäftigten, ein neues Führungsverständnis sowie die passende Unternehmenskultur sind wesentlich für das Arbeiten der Zukunft. Es ist nun Aufgabe innerhalb der Organisation, zu analysieren, wie eine weitere Etablierung von New Work aussehen kann. Ein an den Bedarfen der Beschäftigten orientiertes Veränderungsmanagement unterstützt dabei, neue Arbeitsweisen nachhaltig zu etablieren.

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