Was war der erste Akt, den Barack Obama vollzog, nachdem er 2009 zum ersten Mal als 44. Präsident der Vereinigten Staaten am Schreibtisch des Oval Office Platz genommen hatte? Er unterzeichnete den Open Government Act. Das zeigt: Das Thema der Öffnung von Regierungen und Verwaltungen ist weltweit angekommen. Doch das ändert nichts daran, dass der Begriff noch längst nicht allen vertraut ist. Auf dem diesjährigen Open Government Tag zeigten Prof. Dr. Dirk Heckmann und Sarah Rachut vom Center for Digital Public Services (CDPS) der Technischen Universität München, welch spannende Entwicklungen mit einer offeneren Verwaltung verknüpft sind. Hier ein Ausschnitt ihrer Thesen:
Open Government braucht Experimentierräume
Es ist gar nicht so einfach zu definieren, was genau hinter dem Begriff Open Government steckt. Denn es handelt sich um ein umfassendes Konzept von Offenheit, Transparenz, Partizipation und Kooperation im Verhältnis Bürgerschaft und Staat. Es geht also um viel mehr als nur ein technologisches Angebot! Fast immer beschreibt Open Government einen Rollenwechsel, der rechtliche, politische, ethische und organisatorische Aspekte umfasst. Die Verwaltung blickt nicht mehr von außen auf die Bürgerinnen und Bürger, sie nimmt sie mit in ihr Inneres.
Enge Verbindungen gibt es dabei zu den Themen E-Government und Open Data. Portale und andere digitale Angebote sind Schlüssel für die Öffnung der Verwaltung beziehungsweise für den Zugang der Bürgerinnen und Bürger zu Informationen, die sie bisher nicht hatten. Zugleich sind sie Experimentierräume, in denen Erfahrungen für ein neues Miteinander gesammelt werden. Sie bieten die Chance, „einfach mal anzufangen“, auch wenn das große Zukunftsbild noch nicht umfassend definiert ist.
Interessante Beispiele aus München
Ein Beispiel dafür ist die Münchner Meldeplattform. Ihr Motto „Mach München besser!“ drückt gut aus, was ein solches Portal ermöglicht. Die Verwaltung kann mithilfe dieses direkten Meldeweges schneller auf Mängel reagieren. Integrierte Statistiken fördern Transparenz und Offenheit.
Eine andere Entwicklung im Sinne von Öffnung und Transparenz sind die Live-Streams der Vollversammlungen des Stadtrats. Ob solche Gremiensitzungen im Internet übertragen werden sollen, wird immer wieder rege diskutiert – etwa weil die Beeinträchtigung von Persönlichkeitsrechten befürchtet wird. Aber wir denken, dass die Chancen, auf diese Weise Offenheit und Partizipation zu fördern, entscheidend sein sollten.
Von der Black Box zur Transparenz
Eine offene Verwaltung nutzt also die Chancen der Digitalisierung, um weit mehr zu erreichen, wie auch das folgende Beispiel zeigt:
Bei der Diskussion um Künstliche Intelligenz geht es oft auch um die sogenannte Black-Box-Problematik. Man bekommt am Ende ein Ergebnis, aber man weiß nicht so recht, wie dieses zustande gekommen ist. Ähnliches gibt es auch im Verwaltungshandeln: Wenn Bürgerinnen und Bürger einen Bescheid, eine Entscheidung bekommen, aber nicht wissen, wie die Prozesse dahinter gelaufen sind. Open Government will dem entgegenwirken und Licht ins Dunkel bringen. Basierend auf digitalen Lösungen soll Transparenz entstehen, wie in der Verwaltung Entscheidungsprozesse funktionieren und auf welchen Daten sie basieren.
Damit kommt das große Wort Vertrauen ins Spiel. Wenn sich die Verwaltung öffnet, dann heißt das auch, dass sie den Bürgerinnen und Bürgern einiges an Information und Wissen anvertraut. Mehr noch, sie schenkt ihnen Vertrauen für Mitwirkung und Mitgestaltung. Zugleich entsteht durch diese Öffnung nach unserer Erfahrung eine innovative Kraft von innen.
Selbstverständlich geschieht dieser Wandel nicht von allein und man kann ihn auch nicht einfach überstülpen. Er kann sich nur unter umfassender Integration und Beteiligung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfolgreich vollziehen.
Ein Paradigmenwechsel, den wir brauchen
Ja, es geht um nicht weniger als um einen Paradigmenwechsel. Und wir brauchen ihn.
Denn wir stehen vor riesigen Herausforderungen, etwa durch den Klimawandel und aktuell durch die Pandemie, und die können wir nur gemeinsam bewältigen. Das kann die Verwaltung nicht allein leisten, sondern nur das ganze Gemeinwesen gemeinsam.
Um die Zukunft zu meistern, müssen wir alle lebenslang lernen. Indem wir offen und transparent kommunizieren und auch Ungewissheiten thematisieren, haben wir die Chance, das benötigte Innovationspotenzial in Verwaltung und Gesellschaft verstärkt freizusetzen.
Die Gastautorin, der Gastautor
Sarah Rachut, Juristin, ist Geschäftsführerin des Center for Digital Public Services (CDPS) der Technischen Universität München. Prof. Dr. Dirk Heckmann hat den damit verbundenen Lehrstuhl für Recht und Sicherheit in der Digitalisierung inne. Sie sehen sich als Mittler zwischen Forschung, Verwaltung und Innovation. Gemeinsam möchten sie neue Formen des agilen Regierungs- und Verwaltungshandelns unterstützen und konkrete rechtliche sowie technisch-organisatorische Gestaltungsmöglichkeiten erarbeiten. Dabei sind sie stolz auf das CDPS- Team und auch auf ihre Gastwissenschaftlerin, Prof. Dr. Anne Paschke von der TU Braunschweig. Denn diese wurde vom Weltwirtschaftsforum als einzige Deutsche auf die weltweiten „Agile 50 Liste“ für die 50 innovativsten Köpfe gesetzt.
Wenn Sie mehr erfahren möchten, finden Sie den anregenden Dialog der beiden auf dem diesjährigen Open Government Tag als Video im Nachbericht
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