Patienten­steuerung per Algorithmus

11. September 2020
Ein Beitrag von Dr. Stefan Döring

Kann ein Algorithmus die Wartezeit in Notaufnahmen verkürzen? Drei Studenten der Technischen Universität München sind davon überzeugt. “Medup” nennen sie ihre Idee – eine Applikation, die eine diagnostische Ersteinschätzung und eine Übersicht über die Auslastung der Krankenhäuser in der Umgebung liefert. Dragos Stana, Andrei Zitti und Iustin Curcean konnten mit dieser Idee im Innovationswettbewerb 2020 überzeugen. Im Gastbeitrag geben sie einen exklusiven Einblick in ihr Projekt:

Wer wir sind – die Köpfe hinter “medup”

Wir sind drei Studenten der Technischen Universität München. Zwei von uns studieren Informatik mit Anwendungsfach Medizin und der Dritte arbeitet seit acht Jahren im Medizintechnik-Feld. Was uns zusammengebracht hat, ist unsere gemeinsame Leidenschaft für Innovation in der Medizin.

Für uns ist Digitalisierung ein Thema der Gegenwert, nicht der Zukunft. Es ist uns immer eine Freude, Probleme durch Software und moderne technische Methoden zu lösen. Deshalb fanden wir es auch besonders spannend, beim Innovationswettbewerb der Landeshauptstadt München in der Kategorie Patientensteuerung eine Lösung für die oft überlasteten Notaufnahmen in den Krankenhäusern zu finden.

Vorstellung des Gründerteams von MedUp

Die drei Ideengeber, Quelle: Dragos Stana

Was wir mit intelligenter Patiententeuerung meinen

Unsere Lösung sieht eine präklinische Patientensteuerung durch zuverlässige Ersteinschätzung vor. Es handelt sich um eine sogenannte “Triage Applikation”.

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Was ist eine Triage?

Triage leitet sich vom französischen Wort „trier“ für „sortieren“ ab. Es handelt sich um ein methodisch festgelegtes Verfahren zur Priorisierung medizinischer Hilfeleistungen für eine bessere Ressourcenverteilung. Die Triage bestimmt das Vorgehen, das zur klinischen Ersteinschätzung führt und eine Patientensteuerung ermöglicht. Dies ist gerade dann wichtig, wenn viele Patienten gleichzeitig versorgt werden müssen.

Eine Triage Applikation bietet eine automatisierte Ersteinschätzung der Symptome der Patientinnen und Patienten. Das System teilt diese dann in Risikogruppen ein, beginnend mit den Personen, die unbedingt Hilfe brauchen, bis zu denen, die auf einen Krankenhausbesuch verzichten könnten. Je nach Risikograd kommen verschiedene Funktionen der App ins Spiel:

  • Informationen zum kürzesten Weg und zur aktuellen Zeit bis zur Notaufnahme sowie zur Behandlung
  • eine Liste von Tipps und Hilfen zur Verbesserung der aktuellen Gesundheitssituation
  • Anlaufstellen für eine medizinische Versorgung sowie Kontakt zu Krankenhäusern und Ärzten

Unsere Lösung wollen wir als Webseite und native Smartphone App implementieren. Als Basis der Auswertung steht ein Machine Learning Klassifikation Algorithmus, der sich durch Fragebögen und manuelle Auswertungen verbessert. Für sinnvolle, sichere automatisierte Auswertungen und Diagnose-Vorschläge stehen genügend medizinische Daten von Patientinnen und Patienten sowie Dokumentationen von Vorbehandlungen in Notaufnahmen zur Verfügung. Hier ist es sehr wichtig, dass man eine Struktur für die gesammelten Daten definiert.

Wie ein möglicher Workflow für eine Patientensteuerung aussehen kann

Die Patientensteuerung in der App kann dann beispielsweise so aussehen:

  • Am Anfang sollen sich Userinnen und User ein Konto anlegen, für das mit Name und E-Mail-Adresse nur wenige Identifikationsdaten eingeben werden müssen. Für die Zukunft ist es geplant, dass eine Registrierung mit der elektronischen Gesundheitskarte möglich ist.
  • Die Userinnen und User loggen sich ein und beginnen ein Triage-Fragebogen auszufüllen. Dieser bietet zum Beispiel Abbildungen zur Lokalisierung der Schmerzen oder auch Multiple Choice Fragen zum Schmerzgrad.
  • Die Antworten werden ausgewertet. Der Fragebogen wird schrittweise dynamisch generiert werden, unter Berücksichtigung der vorigen Einträge. Am Ende erfolgt die Einteilung in die Risikogruppen.
  • Die Rückmeldung durch die App erfolgt individualisiert: Von Hinweisen, Tipps und Adressen, Vorschlägen zur Vermeidung von weiteren Komplikationen bis zur direkten Weiterleitung an die Notaufnahme-Hotline. Patientinnen und Patienten einer kritischen Risikogruppe erhalten den kürzesten Weg, inklusive Kartenmaterial, zu einer der Notaufnahmen aus München, die nicht überlastet ist.
  • Geplant ist, dass die Applikation auch die aktuellen Wartezeiten der Kliniken liefert.
  • Letztlich soll das medizinische Personal Patienteninformationen einsehen, einen Überblick über die aktuelle Situation der Notaufnahme erhalten und die Reihenfolge sowie die Risikogruppe der Patientinnen und Patienten per Hand ändern können.

In unserem Video, dass wir zur besseren Visualisierung unserer Idee erstellt haben, erfahrt ihr weitere Details (auf Englisch):

Unser Plan für die Zukunft

Sir Francis Bacon sagt “Wissen ist Macht.” In unserem Fall kann Wissen Leben retten. Unsere Idee birgt ein großes Potenzial zur Entlastung des Gesundheitssystems. Damit das Projekt erfolgreich umgesetzt werden kann, benötigen wir dringend die Unterstützung der Stakeholder – Patientinnen und Patienten, Ärzteschaft und den Münchner Kliniken. Der erste Schritt ist mit dem Sieg beim Innovationswettbewerb der Stadt München gemacht.

“MedUp” ist der Name, den wir für unser Team gewählt haben, als wir die Idee dem Innovationswettbewerb vorgestellt haben. Jetzt suchen wir Partnerinnen und Partner, die uns bei der Weiterentwicklung der Idee zu einem funktionierenden Prototypen unterstützen möchten. Wer Fragen hat oder mit uns zusammenarbeiten möchte, der kann sich gerne an Dragos Stana per LinkedIn wenden.

Kommentare (2)


  1. Hallo,
    coole Idee. Für die Diagnose gibt es ja schon ADA. Das müsste sich doch nutzen lassen?
    Gruß,
    Uli

    Antworten

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Dragos Stana, - eMBA Student Business & IT an der TU München
Ein Gastbeitrag von:
Dragos Stana,
eMBA Student Business & IT an der TU München


Hinweis: Gastbeiträge sind persönliche Inhalte der Autor*innen und geben nicht die Ansicht der Landeshauptstadt München wieder.