Leichte Sprache großgeschrieben – Regeln für sehr hohe Verständlichkeit

28. Dezember 2022
Ein Beitrag von Elke Wildraut

Der Zugang zu Information und Kommunikation ist eine wesentliche Voraussetzung, um selbstbestimmt am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Viele Menschen haben jedoch Schwierigkeiten, standardsprachliche Texte zu lesen und zu verstehen. Deshalb bietet die Landeshauptstadt München auf ihrer Website stadt.muenchen.de ein Zusatzangebot in Leichter Sprache an. Zum Beispiel für wichtige Dienstleistungen oder zu aktuellen Themen wie Corona. Aber was ist das eigentlich – Leichte Sprache?

Barrierefreie Kommunikation als Basis für Teilhabe

Digitale Angebote ergänzen immer häufiger analoge Angebote. Sie bereichern und vereinfachen die Möglichkeiten zur gleichberechtigten Teilhabe und können Barrieren entfernen, die Menschen im analogen Raum erleben. Doch auch digitale Angebote sind nicht für alle gleichermaßen einfach erreichbar und verständlich. Und so spielt Barrierefreiheit auch hier eine wichtige Rolle.

Ein Aspekt ist dabei die barrierefreie Kommunikation. Ansätze dafür sind Audiodeskription, also akustische Bildbeschreibungen für Menschen mit Sehbehinderung, oder Gebärdensprachvideos für Menschen mit Hörbehinderung.

Leichte Sprache hilft Menschen mit eingeschränkter Lese- oder Verständniskompetenz Sprachbarrieren zu überwinden. Darüber hinaus baut sie Menschen mit nur geringen Deutschkenntnissen eine Brücke zur Standardsprache. Laut Dudenverlag profitieren in Deutschland rund zehn Millionen Menschen von Texten in Leichter Sprache.

 

Leichte Sprache: radikal einfach

Leichte Sprache bedeutet die maximale Vereinfachung der deutschen Sprache. Innerhalb des Europäischen Referenzrahmens, eines europaweiten Einstufungskonzepts für Sprachkompetenz, befindet sich ein Text in Leichter Sprache auf Stufe A1 / A2. Dabei steht A1 für eine Sprache, die ausschließlich vertraute, alltägliche Ausdrücke und ganz einfache Sätze verwendet. A2 ist immer noch sehr einfach und beschränkt sich auf häufig gebrauchte Ausdrücke und einfache Sätze.

Einstufung von einfacher Sprache

Leichte Sprache wird oft verwechselt mit einfacher Sprache. Einfache Sprache befindet sich innerhalb des Europäischen Referenzrahmens in etwa auf der Stufe B1: kurze Texte in klarer Standardsprache. Texte auf diesem Sprachniveau sind für circa 80 Prozent der Bevölkerung verständlich.

Es gibt kein strenges Regelwerk, aber allgemeine Vorgaben zur Orientierung:

  • Texte sollen sinnvoll gegliedert und logisch aufgebaut sein.
  • Sätze sollen kurz und einfach sein, Nebensätze sind erlaubt, Schachtelsätze sind zu vermeiden.
  • Der Sprachstil soll einfach sein, es werden im Alltag gebräuchliche Begriffe verwendet, kein Behördendeutsch. Fremdwörter und Fachbegriffe sind zu vermeiden oder zu erklären.

Damit lassen sich praktisch alle Informationen vermitteln. Wird also für Laien unverständliche Fachsprache in einfache Sprache übersetzt, entsteht ein veränderter, aber kein völlig neuer Text. Im Verwaltungskontext wird hier der Begriff „bürgernahe Sprache“ verwendet.

Viele Regeln für Leichte Sprache

Leichte Sprache vereinfacht Texte sowohl auf inhaltlicher als auch auf sprachlicher Ebene. Zudem reduziert Leichte Sprache den Text auf die wesentlichen Inhalte, ohne allerdings den Sinn zu verändern. Die Informationen müssen bei Bedarf in eine für die Zielgruppe verständliche Struktur gebracht werden.

Für Leichte Sprache gibt es verschiedene Regelwerke. Die Landeshauptstadt München folgt den recht genau festgelegten Vorgaben des Netzwerks Leichte Sprache e. V.:

  • Nur leichte Wörter und kurze Sätze.
  • Möglichst kurze Wörter, mehrsilbige Wörter mit Bindestrich.
  • Fach- und Fremdwörter möglichst vermeiden oder den Begriff erklären. Satzzeichen beschränkt auf Punkt, Komma, Fragezeichen, Doppelpunkt und Bindestrich.
  • Begriffe durchgängig in gleicher Weise verwenden. Zahlen bereits ab der Zahl eins als Ziffern schreiben.

Wie konsequent die Leichte Sprache Sprachbarrieren vermeiden will, zeigen die Verbote. Nicht erlaubt sind:

  • Redewendungen, Metaphern, Ironie und bildliche Sprache.
  • Schwierige Strukturen wie zum Beispiel Genitiv-, Passiv- oder Konjunktivkonstruktionen.
  • Ausrufezeichen, Anführungszeichen, Schrägstrich, Klammern, Apostroph und Semikolon.
  • Verneinungen.

Vorgaben für die optische Textgestaltung

Bilder und ein übersichtliches Layout unterstützen die Vermittlung des Inhalts. Deshalb gibt es für Leichte Sprache auch enge Vorgaben zur visuellen Gestaltung der Texte: Schriftgröße mindestens 14 Punkt, bei Webseiten mindestens 20 Pixel. Kurze Zeilen, große Zeilen- und Absatzabstände.

Illustrationen müssen einen Bezug zu der Lebenswelt der Zielgruppe haben, leicht verständlich und deshalb visuell reduziert sein. Diagramme und andere Infografiken werden nicht verwendet.

Um sicherzustellen, dass die Texte verstanden werden, werden sie von speziell ausgebildeten Menschen geprüft, die selbst Lernschwierigkeiten haben. Nur geprüfte Seiten erhalten das Label von Inclusion Europe, das für die Zielgruppe einen sehr hohen Wiedererkennungswert besitzt.

Das Bild zeigt eine menschenähnliche Figur, die ein Buch liest. Auf diesem sind links ein Daumen hoch und rechts Text abgebildet.

Europäisches Logo für Leichte Sprache, Quelle: Inclusion Europe

Lesen Sie auch: “Leichte Sprache ist schwer”

Übrigens: Wir haben Teile dieses Beitrages in Leichter Sprache verfasst. Lesen Sie doch mal nach!

Kommentare (2)


  1. Danke für den Beitrag. Mir gelang es nicht, den monatlichen Newsletter in der langen angebotenen Liste zu finden, was für ein Titel hat das Newsletter?

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Elke Wildraut
Gesamtstädtisches Webmanagement