Smart Home: zwischen Komfort und Bedrohung

27. Januar 2020
Ein Beitrag von Lisa Zech
Per Smartphone den Rollladen schließen, die Heizung steuern oder das Licht anschalten? Von „Smart Home“ spricht man, wenn verschiedene Gegenstände mit eingebauter IT-Intelligenz Zuhause miteinander verknüpft und zentral steuerbar sind. Ist dieses Netz mit dem Internet verbunden, bewegt man sich in einem Spannungsfeld zwischen Komfort und Bedrohung. Denn viele Hersteller denken nicht daran, ihre Technik ausreichend gegen Hacker abzusichern.

Smart Home verspricht Komfort und Bequemlichkeit: Lichtquellen, Musik und TV übers Smartphone oder per Sprachassistent bedienen. Aufwach- oder Kuschelstimmung auf Knopfdruck.

Man kann die Online-Vernetzung noch viel weiter denken: Der Kühlschrank informiert dann vielleicht über fehlende Zutaten fürs Abendessen und erstellt eine Einkaufsliste. Nach Klick auf “Bestellung” klingelt auch schon bald der Lieferservice. Überwachungskameras ermöglichen von unterwegs Blicke in sämtliche Zimmer. Die Möglichkeiten sind vielfältig und es werden immer mehr.

Gerade Ältere oder Menschen mit körperlichen Einschränkungen könnten von einem intelligent eingerichteten Smart Home profitieren. Beispielsweise kann die Steuerung von Geräten, Türen und Fenster per Knopfdruck oder Stimme das Leben in den eigenen vier Wänden sehr erleichtern oder überhaupt erst ermöglichen. Die Smart Home-basierte Eigenständigkeit ist somit für viele Menschen ein kostbares Geschenk.​

Eine typische Grundausstattung und einige Beispiele zeigt das folgende Video:

Sicherheit und Privatsphäre im Smart Home

Wer im Internet zu Smart Home recherchiert, stößt allerdings auf alarmierende, teils geradezu skurrile Warnungen. Beispielsweise über Mikrofone im Thermomix-Klon oder WLAN-Glühbirnen im Garten, die zu Trojanern werden. Im Juli 2019 wurden sensible Daten von Millionen Smart-Home-Geräten im Internet entdeckt – glücklicherweise von Sicherheitsexperten. Das Fachportal „Golem“ beschreibt das Risiko dieser Sicherheitslücke:

Mit dem Kontozugang hätten Angreifer auch auf die hinterlegten Smart-Home-Geräte zugreifen können, darunter die Überwachungskameras. Auch hätten sich smarte Türschlösser öffnen lassen. Die Datenbank lieferte zudem die genauen Standortdaten des Gerätes sowie den Familiennamen des Nutzers, was einen Einbruch deutlich erleichtert hätte.

Smart Home kann viel Schaden anrichten

Der mögliche Schaden durch ungebetene Gäste im Smart Home ist groß. Die Vorbereitung von Einbrüchen mit Hilfe der Smart-Home-Daten nur eine Option. Kostspielige Downloads über das gekaperte WLAN können ebenfalls für böse Überraschungen sorgen. Traumatisch ist es für Betroffene, wenn sich herausstellt, dass jemand sie in ihrer intimsten Umgebung belauscht und gefilmt hat.

Eine andere Gefahr sind Kriminelle, die ungesicherte Smart-Home-Gegenstände zu sogenannten Botnetzen verknüpfen und damit DDos-Attacken starten. Das sind massenhafte Anfragen an Server, die dann unter der Last zusammenbrechen. Einer der ersten solcher Angriffe aus dem Internet of Things legte 2016 sogar die Webseiten von Amazon, PayPal oder Netflix lahm. Dasselbe Risiko bedroht durchaus auch kritische Infrastrukturen.

Gleichgültige Anbieter, sorglose Kundschaft

Bei der Abwehr der Gefahren haben es Gesetzgeber und Behörden nicht leicht. Denn auf diesem Markt treffen erstaunlich sorglose Userinnen und User auf gleichgültige Hersteller. Oft aus Ländern, die hier kaum zur Verantwortung zu ziehen sind.

So hat der chinesische Hersteller jener Smart-Home-Geräte, deren Daten massenweise im Internet standen, millionenfache Kundschaft in aller Welt. Die entdeckten Sicherheitsmängel erinnerten eher allerdings an eine Hinterhof-Klitsche. Und damit ist diese Firma leider keineswegs allein. Passwortschutz, Software-Updates, Anwenderinformation – zu oft verfügen Smart-Home-Systeme nicht mal über diese Basisabsicherung.

Fachwissen besorgen statt Einstöpseln und Loslegen

Sobald smarte Geräte oder Netze mit dem Internet verbunden werden sollen, gilt deshalb bis auf Weiteres: Finger weg von Plug and Play! Also kein schnelles Einstöpseln und Loslegen. „Auf jeden Fall sofort das Standard-Passwort ändern!“ lautet eine Empfehlung. Ausreichend ist sie aber nicht. Entweder man engagiert Fachleute für Smart Home oder erarbeitet sich selbst das nötige Wissen. Das braucht zwar Zeit, aber im Internet stehen viele hilfreiche Informationen bereit.

So gibt beispielsweise das Bundesamt für Informationssicherheit (BSI) auf seiner Seite „BSI für Bürger“ in einem Einsteigervideo und einer Broschüre (PDF, 23.4 MB) Tipps zur Sicherheit im Smart Home. Ausführliche Checklisten enthält die Website der Polizei-Beratung Niedersachsen.

Bessere Absicherung der Smart-Home-Infrastruktur?

Durch die öffentliche Diskussion über die Risiken steigen immerhin die Chancen von Anbietern, die Gewährleistung von Sicherheit und Privatsphäre als Teil ihres Produkts verstehen. In einer Umfrage des IT-Branchenverbands Bitkom forderten 89 Prozent der Teilnehmenden einen vom Hersteller garantierten Schutz. Smart Home kann also mit den richtigen Geräten eine wirkliche Erfolgsstory werden: Zugewinn an Komfort ohne große Risiken.

Kommentare (2)


  1. Dass gerade Ältere oder Menschen mit körperlichen Einschränkungen könnten von einem intelligent eingerichteten Smart Home profitieren, ist ein sehr guter Fakt. Mein Opa hat im Alltag Schwierigkeiten sich zu bewegen, weshalb ein Smart Home sinnvoll sein kann. Danke für den Beitrag!

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  2. Es ist verrückt, was mit dem Smart Home mittlerweile möglich ist. Die Maschinensteuerung per App macht tatsächlich vieles komfortabler. Bedrohlich wird es nur, wenn Aspekte wie die künstliche Intelligenz immer mehr die Überhand gewinnen. (Link entfernt)

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Elisabeth Wagner