Soziale Aspekte der Digitalisierung – Ergebnisse und Eindrücke des Stadtratshearings „Wie sozial ist digital?”

9. August 2022
Ein Beitrag von Amelie Gebauer

Die Stadt München hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Digitalisierung zum Wohle aller Menschen zu gestalten. Bei der Entwicklung von digitalen Lösungen und Angeboten soll daher möglichst keine Zielgruppe vergessen oder benachteiligt werden. Die Chancen und Hemmnisse für das Erreichen dieses Ziels waren im Stadtratshearing am 8. Juli 2022 zentrales Thema. Dabei betrachteten Vorträge und Diskussion soziale Aspekte der Digitalisierung bezogen auf unterschiedliche Zielgruppen: Kinder und Jugendliche, ältere Menschen, Geflüchtete, Arbeitssuchende und weitere Adressaten der Digitalen Transformation.

Digitalisierung mit den Menschen im Mittelpunkt

Über 220 Personen im Livestream und 30 Teilnehmende im großen Sitzungssaal waren dabei, als die Chancen und Herausforderungen der Digitalen Teilhabe unter sozialen Aspekten beleuchtet wurden.

Auf den ersten Blick scheint die Digitalisierung unseren Alltag zu erleichtern und für alle gut erreichbar zu sein. Aber ist es für alle Personengruppen gleichermaßen möglich, an der digitalen Welt teilzuhaben? Zum Auftakt des Hearings gaben die dritte Bürgermeisterin Verena Dietl und Sozialreferentin Dorothee Schiwy genau dies zu bedenken. Niemand darf ausgeschlossen oder durch die Digitalisierung abgehängt werden. Es ist wichtig, dass Innovationen nicht zu Ausgrenzung führen. Dr. Daniela Rothenhöfer, Leiterin des Strategie- und Governancebereichs im IT-Referat, zeigte auf, wie die Digitale Teilhabe in der Digitalisierungsstrategie verankert ist und anhand eines Maßnahmenkatalogs umgesetzt wird.

Inklusive Digitalisierung – Zielgruppenperspektive einnehmen und erkennen

Soziale Aspekte in der Digitalisierung sind vielschichtig. So bot das Hearing unterschiedliche Perspektiven auf soziale Wirkungen der Digitalisierung. Univ.-Prof. Dr. Marion A. Weissenberger-Eibl startete die Reihe der Impulsvorträge aus der Sicht der Wissenschaft: Ein verantwortungsvoller und strategischer Umgang mit der Digitalen Transformation, der das soziale Miteinander im Blick habe, sei wichtig. Corporate Digital Responsibility, also eine verantwortungsvolle Gestaltung der Digitalisierung, sei geboten.

Im Programmteil zu Beispielen für gelungene Teilhabe berichteten Dr. Petra Schütt (Referat für Arbeit und Wirtschaft) und Carolin Hufnagl (Jobcenter) über die erfolgreichen teilhabefördernden Projekte „ReDI School“ und „Café CUP“. Beide Projekte zielen darauf ab, die individuellen digitalen Kompetenzen zu fördern und damit die Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern. Das Projekt „ReDISchool“ vermittelt technisches und digitales Wissen und setzt den Fokus auf Zielgruppen wie Frauen, Geflüchtete und Studierende. Mit dem „Café CUP“ schafft das Jobcenter München ein niederschwelliges Angebot, um digitale sowie berufliche Perspektiven zu schaffen.

Thomas Klimm (Sozialreferat) beschrieb anhand der Plattform zur Vermittlung von gefördertem sozialem Wohnraum SOWON die Erfolgsfaktoren für die Einführung einer digitalen Lösung bei ganz unterschiedlichen Zielgruppen. Als wichtig zur Minimierung digitaler Hürden hätten sich eine schnelle Behebung von Schwachstellen in der Anfangsphase und ein Begleitangebot für die Nutzung erwiesen.

Soziale Aspekte im Hinblick auf die Generation Z und die ältere Generation

Ein weiterer Programmteil nahm verschiedene Beispiele von freien Trägern der sozialen Arbeit in den Blick. Die „Generation Z“ wächst im digitalen Umfeld auf, für sie ergeben sich eigene Herausforderungen. Birgit Treml (Condrobs e.V.) und Wolfgang Haberl (Kreisjugendring München Stadt) forderten, dass die soziale Arbeit und Beratungen sich aktiv mit den digitalen Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen auseinandersetzen.

Bei der älteren Generation gibt es laut Florian Elsas (Alten- und Service-Zentrum Obergiesing) eine sehr unterschiedliche Verteilung von Medienkompetenzen. Trotz vieler lokaler Unterstützungsangebote brauche es noch mehr Feingefühl bei körperlichen Einschränkungen und Ängsten gegenüber digitalen Themen sowie weitere individuelle Angebote zu Beratung und Begleitung.

Das Beispiel der Digitalen Hilfe, dem Beratungsangebot bei technischen Problemen vor Ort und am Telefon, von Sabine Ruchlinski (Kulturraum München e.V.) und Sebastian Ring (Medienzentrum München) bildete den Abschluss der Impulsvorträge.

Digitale Teilhabe zielgruppengerecht gestalten

Zur anschließenden Podiumsdiskussion kamen zu den Vortragenden noch Julia Sterzer (AWO München) und Constantin Dietl-Dinev (Gesamtpersonalrat der Landeshauptstadt München) hinzu. In der Diskussion wurde auch die Situation von Beschäftigen, ehrenamtlich Engagierten, Menschen mit Flucht- und Migrationshintergrund sowie Menschen mit körperlichen und geistigen Einschränkungen betrachtet.

Die Vorträge und die Diskussion des Hearings haben gezeigt, dass die Vernetzung und Bekanntmachung der Aktivitäten und Ansprechstellen für Digitale Teilhabe besonders wichtig sind. Denn damit lassen sich Kräfte bündeln und Angebot und Nachfrage zusammenbringen.

Barrierefreiheit und Niederschwelligkeit sind über alle Altersgruppen hinweg wichtige Gestaltungsprinzipien für die Digitalisierung. Wobei „niederschwellig“ eben auch bedeutet, die Zugänglichkeit von Angeboten für sozial benachteiligte Gruppen im Blick zu behalten.

Um Unterstützungsangebote zur Digitalen Teilhabe, etwa für ältere Menschen, ausreichend anbieten zu können, wird das bürgerschaftliche Engagement immer eine große Rolle spielen. Auch diese Gruppe benötigt Unterstützung bei der Digitalen Transformation, um ihren Aufgaben gerecht zu werden.

Schließlich sind der Zugang zu freiem WLAN und zielgruppengerechten Qualifizierungsangeboten zur Digitalkompetenz Grundvoraussetzung für Digitale Teilhabe.

Soziale Aspekte der Digitalisierung als dauerhaft wichtiges Thema

Das Hearing kann keine abschließende Befassung darstellen. Die Veranstaltung ist vielmehr als wichtiger Impuls für die weitere Qualifizierung aller Bereiche in der Stadtverwaltung zu sehen. Dr. Daniela Rothenhöfer kündigte an, dass die Stadt München die Erkenntnisse aus dem Stadtratshearing in die Arbeit zur Umsetzung und Fortschreibung der Digitalisierungsstrategie einfließen lassen wird.

Sie interessieren sich für soziale Aspekte der Digitalisierung und haben das Stadtratshearing verpasst? Oder Sie wollen manche Statements noch einmal nachhören? Hier geht´s zur in handliche Häppchen aufgeteilten Video-Aufzeichnung des Events:

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Amelie Gebauer
Praktizierende Studentin im IT-Referat
Co-Autoren­schaft:
Dr. Petra Wolf Beraterin digital@M und
Charlotte Pappe, IT-Referat, Büro der Werksleitung