Julia Christiansen und Dr. Ursula Triebswetter sind die Ansprechpartnerinnen der Landeshauptstadt München für das Munich Urban Colab. Das neue Innovations- und Gründerzentrum ist im Juni vergangenen Jahres als gemeinsame Initiative von UnternehmerTUM und der Landeshauptstadt München an den Start gegangen. Was ist seit der Eröffnung passiert? Was ist noch geplant? Und wie hat sich die erwünschte Kultur der Kommunikation und Vernetzung entwickelt?
Eindrücke zu den ersten Monaten des Munich Urban Colab
Woran denken Sie spontan, wenn Sie auf die ersten Monate zurückschauen?
Ursula Triebswetter: Letztes Jahr war die dänische Königin Margrethe II. hier, daran muss ich oft denken. Mir ist aber besonders die Eröffnung im Wintergarten in Erinnerung geblieben. Die fand zwar coronabedingt im eher kleinen Kreis statt, trotzdem hat man gemerkt, wie wertvoll das persönliche Kennenlernen hier ist.
Julia Christiansen: Ich erinnere mich sehr gern an die Besuche aus anderen Städten, zum Beispiel aus Rostock oder Hamburg, oder aus Ländern wie den Niederlanden und Dänemark. Als die Delegierten aus Kopenhagen unser städtisches Engagement „außergewöhnlich“ und „nachahmenswert“ nannten, dachte ich: Es läuft!

Ursula Triebswetter, Quelle: Munich Urban Colab
Warum ist das Munich Urban Colab ein besonderer Ort für Sie?
Julia Christiansen: Das Colab hat ja zum Ziel, außerhalb der Stadtverwaltung einen Ort zu bieten, an dem gemeinsam Neues entstehen kann. Das mitzugestalten ist wirklich etwas Besonderes. Hier kommt eine besondere Mischung zusammen: Start-ups, etablierte Unternehmen, Wissenschaft, Studierende und Kreative. Wir laden alle Kolleginnen und Kollegen ein, das für sich zu entdecken.
Ursula Triebswetter: Erfreulicherweise kommt bereits hohe Nachfrage aus den Referaten, so dass wir hier schon viele spannende Begegnungen begleiten durften. Die offene Architektur unterstützt das und macht das Colab zu einem besonders schönen Ort.

Julia Christiansen, Quelle: Munich Urban Colab
Wichtiger Ort für Kooperation und Kollaboration
Warum braucht München überhaupt ein Projekt wie das Munich Urban Colab?
Julia Christiansen: Wir stehen vor großen Herausforderungen, die wir allein nicht lösen können. Deshalb geht es darum, gemeinsam nachhaltige Lösungen für die Stadt der Zukunft zu finden. Das Munich City Lab des Referats für Arbeit und Wirtschaft ist hier ein Anker innovativer Wirtschaftsförderung. An vier Büroplätzen und sechs Coworking-Plätzen können unsere Kolleginnen und Kollegen, unsere Partnerinnen und Partner ihre Ideen ausprobieren und experimentieren.
Ursula Triebswetter: Hinzu kommen noch das InnovationLab und die WerkSTADT des IT-Referats sowie das Mobilitätslabor der MVG. Damit öffnen wir Türen und bauen Brücken für Kooperationen mit der UnternehmerTUM und den anderen, die hier eingezogen sind. Zum Beispiel Siemens, SAP, das bayerische Digitalministerium und Start-ups. Im Idealfall – das ist das langfristige Ziel – entstehen hier technische und soziale Innovationen für eine resiliente und zukunftsfähige Stadt. Damit wollen und können wir auch ein Vorbild für andere sein.
„Durch uns bekommt die Stadt München im Colab ein Gesicht“
Wie füllen Sie diese Rolle der Stadt aus?
Julia Christiansen: Wir bringen Themen aus der Stadtverwaltung und der Stadtgesellschaft ein und arbeiten ganz aktiv mit dem gesamten Ökosystem hier im Colab zusammen. Nehmen wir als Beispiel das Start-up „Stell Dir vor“, das digitale Lösungen für die Pflege entwickelt wie Weiterbildungen über Virtual Reality. Das konnten wir mit der Colab-Community, Kliniken und Pflegekräften vernetzen. In Kürze gibt es eine Veranstaltung zum Thema neue Technologien für professionelle und Laienpflege hier im Colab. Zudem werben wir immer auch um gegenseitiges Verständnis. So ist die Start-up-Kultur natürlich eine andere als die der Stadtverwaltung. Doch beide haben ihre Berechtigung.
Ursula Triebswetter: Nachhaltige Innovationen fließen wiederum über uns zurück in die Stadtverwaltung. Zudem repräsentieren wir hier die Stadt ganz konkret auf Arbeitsebene – was Delegationen aus anderen Städten immer wieder besonders bemerkenswert finden.
Woran erkennt man Ihre persönliche Handschrift?
Julia Christiansen: Wir können auf die großartige Vorarbeit der Kolleginnen aufsetzen, die das Projekt in der Bauphase betreut haben. Inhaltlich sind meine Steckenpferde neue Technologien und Digitalisierung. Deshalb freue ich mich zum Beispiel, dass auch der Verein Blockchain Bayern hier eingezogen ist. Gemeinsam haben wir in diesem Jahr eine erfolgreiche Veranstaltung im Rahmen der Munich Creative Business Week durchgeführt. Dabei ging es um Non Fungible Token (NFT), digitale Sammlerstücke und digitale Mode.
Ursula Triebswetter: Mein Fachgebiet sind Klima- und Umweltprojekte, speziell das Umweltberatungsprogramm ÖKOPROFIT. Da freut es mich natürlich sehr, dass ich hier Organisationen beraten kann und sich das Munich Urban Colab selbst dem ÖKOPROFIT-Prozess unterzieht. Wir unterstützen mit Workshops, Erfahrungsaustausch, Beratung vor Ort sowie praxisgerechten Arbeitsmaterialien. Die Zusammenarbeit mit hier ansässigen Start-ups bringt weitere Nachhaltigkeits-Impulse – die auch bei den Unternehmen gut ankommen.
Digitale Tools statt Zettelwirtschaft
Wie sieht es aktuell im Colab aus?
Ursula Triebswetter: Corona hat lange Zeit etwas gehemmt, aber die nötigen Prozesse haben sich inzwischen trotzdem gut eingespielt . Das Haus ist voll vermietet und zunehmend voll belegt. Es gibt viel Rotation, was durch das Modell der Raumnutzung bewusst gefördert wird. Das Coworking ist noch nicht voll entwickelt, Events mussten lange an die jeweilige Corona-Lage angepasst werden.
Wie organisieren Sie beide sich?
Ursula Triebswetter: Letztlich lautet das Motto unserer eigenen täglichen Arbeit „collaborate to innovate“, frei übersetzt „zusammen innovativ“, was auch den Geist des Colab widerspiegelt. Julia und ich arbeiten als gleichberechtigtes Tandem und halten uns gegenseitig stets auf dem Laufenden.
Julia Christiansen: Dafür haben wir ein gemeinsames digitales Notizbuch. Weil unsere Tage so voll sind und wir ja auch örtlich jede Woche neu planen, bleibt für Zettelwirtschaft keine Zeit. Zudem teilen wir unsere Präsenz gleichmäßig zwischen Stadtverwaltung und Colab auf, damit wir in Sachen Wirtschaftsförderung und bei städtischen Themen immer auf dem Laufenden sind.
„Wir wünschen uns noch mehr Projekte für nachhaltige Lösungen im Colab“
Wie geht es in den nächsten Monaten weiter?
Julia Christiansen: Wir werden im September 2022 noch eine Veranstaltungsreihe mit dem Titel „Meet the City“ starten. Damit wollen wir die tolle Arbeit unserer Kolleginnen und Kollegen gegenüber der Colab-Community und Anknüpfungspunkte sichtbar machen. Ende 2022 laufen unser Auftrag und die bewilligten Gelder des Stadtrates aus. Wir hoffen aber natürlich, dass es weitergeht.
Ursula Triebswetter: Das Engagement der Landeshauptstadt München im Colab ist auch für den internen Kulturwandel wichtig und generell für die Entwicklung einer zukunftsfähigen und lebenswerten Stadt. Dabei wünschen wir uns noch mehr konkrete Projekte für nachhaltige Lösungen, etwa für den Weg zur Klimaneutralität. Wir wollen noch mehr Referate und Interessierte anziehen und überzeugen – übrigens gerne auch auf externen Testfeldern. Wer also freie Flächen für Experimente hat, kann sich gern bei uns melden.
Generell gilt, wenn jemand Anregungen, Fragen oder Ideen hat: E-Mail an Colab@muenchen.de, wir kommen dann gern auf Sie zu.
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