Ansprüche an die digitalen Städte von morgen
Die digitalen Möglichkeiten unserer Zeit beeinflussen unser Verhalten und ändern auch die Erwartungshaltung an das städtische Lebensumfeld:
- Der Kontakt zur Stadtverwaltung sollte so einfach sein, wie die Kommunikation mit Freunden und Familie per Chat oder Messenger.
- Informieren und Bestellen von Mobilitätsdienstleistungen wollen wir spontan und medienbruchfrei per Smartphone-App. Ganz so, wie wir es vom Einkaufen in der Online-Welt gewohnt sind.
- Anstehende städtebauliche Projekte sollten vor Baubeginn durch Virtual Reality erlebbar sein. Schließlich “baut” uns die Gaming- und Medienindustrie schon seit einigen Jahren ganze virtuelle Welten.
Zahlreiche Unternehmen haben auf diese Ansprüche reagiert und beginnen bereits, die Stadtentwicklung mit digitalen Technologien zu gestalten. MasterCard beispielsweise spricht, als globales Finanz- und Technologieunternehmen, von „Connected Cities“. In diesen sind ökonomische Aktivitäten in der Stadt vernetzt, barrierefrei und einfach abzuwickeln. Wilo arbeitet, als einer der weltweit führenden Hersteller für Pumpen und Pumpensysteme, an vernetzten Wasserversorgungssystemen in sogenannte „Smart Urban Areas“.
Unterschiedliche Schwerpunkte bei der digitalen Stadtentwicklung
Diese und viele weitere Akteure der Wirtschaft beanspruchen die Stadt von morgen bereits heute als ihr Tätigkeitsfeld. Damit die Triebkraft der Digitalisierung aber auch im Sinne des Allgemeinwohls umgesetzt wird, muss die öffentliche Hand Rahmenbedingungen festlegen und strategische Entscheidungen für die Entwicklung der digitalen Stadt treffen.
Deutschlandweit haben Städte diese Notwendigkeit erkannt und reagieren mit einer eigenen Strategie, um ihren Digitalisierungsprozess proaktiv voranzutreiben. Dabei setzen die deutschen Großstädte durchaus unterschiedliche Schwerpunkte:
Chancen durch Open Data in Düsseldorf
Die Landeshauptstadt Düsseldorf fokussiert sich in ihrer Strategie (PDF, 650 KB) insbesondere auf die Digitalisierung von Verwaltungsdienstleistungen. Dadurch will sie den Ansprüchen der Stadtbevölkerung mit einer modernen und effizienten Stadtverwaltung gerecht werden, so die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger steigern sowie den Wirtschaftsstandort stärken.
Ein gelungenes Beispiel hierfür ist das Open Data-Portal, mit dem sich die Stadtverwaltung durch freie Datenbereitstellung ihrer Stadtgesellschaft öffnet und auf den Daten aufbauende Wertschöpfung ermöglicht. Was solche Daten gerade im Bereich der Stadtplanung bewirken können, zeigt München auch in ihrem Beitrag zum Thema Radl-Daten.
Digitale Kompetenz, Vernetzung und Stadtmarketing in Kiel
In der Digitalen Strategie (PDF, 119 KB) der Landeshauptstadt Kiel spielt die Digitalisierung der Verwaltung ebenfalls eine Rolle. Daneben finden sich allerdings noch neun weitere strategische Schwerpunkte, wie beispielsweise die Förderung der “digitalen Kompetenz”. Ziel ist es hier, der Kieler Stadtgesellschaft ein lebenslanges Lernen und Ausprobieren digitaler Innovationen in Kindergärten, Schulen, Hochschulen und öffentlichen Einrichtungen wie Bibliotheken zu ermöglichen.
Weiterhin liegt der Fokus auf „Tourismus und Stadtmarketing“. Die gesamte Stadt soll mittels eines virtuellen Stadtrundgangs digital erlebbar werden. Außerdem thematisiert die Strategie die intelligente Mobilität und die Möglichkeiten der digitalen Vernetzung für optimierte Verkehrsangebote.
Bildung, Mobilität, digitale Pflege und Nachbarschaftshilfe in Hannover
Die Landeshauptstadt Hannover beleuchtet in ihrer Verwaltungsstrategie zur Digitalisierung (PDF 1,9 MB) neben den Potenzialen der digitalen Mobilität und Bildung auch den digitalen Pflegebereich. Die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf kann beispielsweise mittels digitaler Assistenzsysteme erleichtert werden.
In der Strategie wird weiterhin der Nutzen digitaler Nachbarschaftsplattformen benannt, um den Austausch zwischen unterschiedlichen sozialen Gruppen zu fördern und damit für mehr Verständnis in der Stadtgesellschaft zu sorgen.
Infrastruktur, Stadtverwaltung und Gesellschaft in München
Die Landeshauptstadt München machte sich fundierte Gedanken über ihren Weg in der digitalen Stadtentwicklung und beschloss Anfang Juli 2019 ihre Digitalisierungsstrategie im Stadtrat. Die Münchener Strategie soll darüber hinaus jährlich auf ihre Aktualität und Sinnhaftigkeit überprüft und fortgeschrieben werden. Da die digitale Welt stark von flexiblen Entwicklungsverläufen und Agilität geprägt ist, ist diese Vorgehensweise genau richtig.
Bemerkenswert an der Münchner Digitalisierungsstrategie ist vor allem der ganzheitliche Ansatz. Ein häufig aufkommender Kritikpunkt an Smart City-Visionen und städtischen Digitalisierungskonzepten ist die einseitige technische Perspektive. Die Stadt München beweist in ihrer Digitalisierungsstrategie das positive Gegenteil, in dem sie von Vornherein als Kernbereiche ihrer Digitalisierung neben der städtischen Infrastruktur, auch die Stadtverwaltung und die Stadtgesellschaft festlegt.
Im Bereich Digitalstrategie auf muenchen.digital ist die gesamte Strategie zum Download verfügbar. Darüber hinaus sind einzelne Maßnahmen, in Form einer interaktiven Infografik, grafisch und textlich aufbereitet. Einen Einblick gibt bereits das folgende Bild:
- Schulungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu digitalen Themen
- Bedarfsorientierte Digitalisierungsberatung für einzelne Referate
- Eine Instanz für die Überprüfung der Logik von Verwaltungsabläufen (Workflow-Orchestration-Engine)
- Ein eigenes Innovationscenter für aktive Impulse
Diese und weitere Maßnahmen zeigen, dass die Digitalisierung insbesondere ein Change-Prozess ist und lassen auf eine spannende Entwicklung der Stadtverwaltung in Richtung IT-Kultur schließen. Auf eine Kultur, die wiederum ein stabiles Fundament für eine erstrebenswerte, digitale Stadtentwicklung schafft.
Kommentare (0)
Schreiben Sie doch den ersten Kommentar zu diesem Thema.