Systematisches Prozess­management – Basis der modernen Verwaltung Münchens

15. Juni 2020
Ein Beitrag von Lisa Zech

Prozessmanagement ist einer der Erfolgsfaktoren für die Weiterentwicklung der Verwaltung. In einem Handbuch hat der Innovationsbereich Geschäftsprozessmanagement (GPM) nun die wesentlichen Punkte für ein einheitliches Vorgehen zusammengefasst. Das übergeordnete Ziel skizziert Personalreferent Dr. Alexander Dietrich in seinem Vorwort: “Wie Arbeit organisiert ist, entscheidet darüber, wie gut diese geleistet werden kann.”

Tun wir das Richtige? Tun wir die Dinge richtig? 

Dies sind die entscheidenden Fragen bei der Optimierung der Verwaltungsprozesse. CDO und IT-Referent Thomas Bönig ergänzt um eine weitere: Geht es auch anders und vor allem besser oder einfacher?

Die passenden Antworten zu finden, ist gar nicht so einfach. Denn viele Themen und Vorgehensweisen haben sich über Jahrzehnte entwickelt und durchaus bewährt. Aber nun haben sich die Rahmenbedingungen geändert. Vor allem die Digitalisierung spielt eine große Rolle. Die etablierten Prozesse zu hinterfragen, gegebenenfalls zu verändern und möglicherweise vollständig abzuschaffen oder zu digitalisieren, ist eine Mammutaufgabe.

In einem Beschluss vom Februar 2019 hat der Münchner Stadtrat deshalb die Verwaltung beauftragt, einen “Innovationsbereich Geschäftsprozessmanagement“ (GPM) zu etablieren, und Mittel dafür freigegeben. Was Geschäftsprozessmanagement bedeutet, haben wir bereits erklärt. In vielen Runden mit Expertinnen und Experten hat dieses GPM-Team nun wesentliche Elemente zum Vorgehen zusammengefasst. Definitionen, Phasen, Rollen, Arbeitshilfen bilden die Basis des GPM-Handbuchs und zwar in Form eines Wiki. Denn so arbeiten trotz der stetigen Weiterentwicklung alle immer mit aktuellen Inhalten.

Zwei Beispiele aus dem Instrumentarium des Geschäftsprozessmanagements stellen wir etwas genauer vor:

Prozesslandkarten und Reifegrade

Für alle Bereiche – beginnend auf Referatsebene – zeigen sogenannte Prozesslandkarten, welche Prozesse es gibt und wie sie miteinander in Verbindung stehen: Übergeordnet oder nachgeordnet? Kern-, Führungs- oder Unterstützungsprozess?

Als Maß für die Entwicklungsstufe der Prozesse sind stadtweit einheitliche Reifegrade von 0 bis 5 definiert:

Pfeilgrafik Prozessmanagement Reifegrade

Prozessmanagement-Reifegrade bei der Münchner Stadtverwaltung

Dabei ist es nicht das Ziel, möglichst alle Prozesse auf den höchsten Reifegrad zu heben. Oft ist es ein mittlerer Reifegrad, der das beste Verhältnis von Aufwand und Nutzen im Prozessmanagement erzielt. Anders ist es bei Schlüsselprozessen, die in großer Zahl nachgefragt werden, hohen Aufwand erzeugen und besonders wichtig für die Bürgerinnen und Bürger sind. Genauso wie hohe Digitalisierungs- und Automatisierungsgrade fordern diese eine ausgeprägte Prozessreife.

Prozessmanagement im Kreisverwaltungsreferat

Das Kreisverwaltungsreferat (KVR) ist beim Thema Prozessmanagement ganz vorne mit dabei. Denn hier gibt es mit der Zielgruppe “Stadtgesellschaft” viele Massen-Prozesse, bei denen schon kleine Verbesserungen eine große Wirkung erzielen. So sieht beispielsweise der Ausschnitt aus der Prozess-Landkarte zu den Kern-Prozessen für Bürgerangelegenheiten aus:

Auszug Prozesslandkarte KVR

Prozessmanagement-Reifegrade bei der Münchner Stadtverwaltung

Zwar können auch die besten Prozesse Probleme wie Personalmangel nicht ad hoc lösen. Doch durch die Suche nach und die Umsetzung von Verbesserungs-Potenzialen hat das KVR schon viel erreicht. Insgesamt konnten in den letzten Jahren bereits viele Services online angeboten werden. Auch bei der Nutzung des neuen Formularservers war die Ausländerbehörde im KVR mit einem neuen Kontaktformular Vorreiter. Der Stadtratsbeschluss für das GPM-Projekt war daher gerade im KVR ein wertvoller Impuls, wie Dr. Rudolf Hauber, führender GPM-Experte im KVR, berichtet:

Das Thema Prozessmanagement hat durch diesen offiziellen Auftrag noch mal deutlich an Priorität und Schwung gewonnen. Bei der Umsetzung hilft es uns, dass das Prozedere jetzt grundsätzlich feststeht.

In drei Pilotprojekten konnten dank des GPM-Handbuches Verbesserungen erzielt werden. Im ersten wurde der Prozess für eine neue Aufgabe überhaupt erst mal definiert. Im zweiten Pilotprojekt wurden die vorhandenen Prozesse umfassend dokumentiert. Und in einem dritten Prozess hat man Kennzahlen zur Leistungsmessung eingeführt. Mit Hilfe der definierten Vorgehensweisen und Werkzeugen gelang es, den jeweiligen Reifegrad um eine Stufe anzuheben. Das sind gute Nachrichten, denn die Methodik für das Prozessmanagement trifft allein im KVR auf ein enormes Anwendungsfeld von rund 500 Prozessen.

Prozessmanagement bedeutet auch, Prozesse zu leben

Nachdem Grundlagen und Werkzeugkasten bereitstehen, geht es jetzt auch außerhalb der Pilotprojekte so richtig los. In allen Referaten werden Prozessverantwortliche benannt, Prozesse durchdacht und dokumentiert. Die Erfahrungen fließen ins GPM-Team zurück. Dabei sollen mögliche Verbesserungen im Mittelpunkt stehen, nicht die Formalitäten, wie Simone Ebert-Pristl, Leiterin des GPM-Teams betont:

Oft erkennt man schon beim Aufschreiben der Prozesse Verbesserungspotenziale. Generell kommt es darauf an, gute Prozesse nicht nur zu malen, sondern zu leben. Deshalb gilt es im Sinne eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses das eigene Tun immer wieder neu zu hinterfragen.

1 Kommentar


  1. Ich finde es toll, dass die Prozesse (wieder) mal mit professionellem Auge angeschaut und “festgeschrieben” werden. Was mir manchmal aber zu kurz kommt, ist Teil 1 der Frage, nämlich “Tun wir das Richtige”. Eine turnusmäßige Aufgabenkritik ist nämlich in meinen Augen die notwendige Basis, bevor es dann an die Frage “Tun wir die Dinge richtig?” gehen kann.

    Antworten

Kommentar absenden

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Weitere Beiträge

Feedback zum Beitrag:
2 Bewertungen mit 4.5 von 5 Sternen
Lisa Zech
Ein Beitrag von:
Lisa Zech
Elisabeth Wagner -
Co-Autoren­schaft:
Elisabeth Wagner