In diesem Interview erzählt Heinz-Peter Meyer im Gespräch mit Stephanie Mirlach von seinem digitalen Alltag. Er ist Bauingenieur im Ruhestand und engagiert sich aktiv im Bezirksausschuss, Stadtteil Au-Haidhausen. Aus seiner Sicht sind es die ersten Erfahrungen mit digitalen Anwendungen, die eine entscheidende Rolle für das spätere Nutzungsverhalten spielen. Deshalb müssen Erleichterungen für die Menschen die entscheidende Motivation hinter der Digitalisierung sein.
Ganz papierlos geht es nicht …
Hallo Herr Meyer, Sie hatten im Vorgespräch erwähnt, dass in Ihrer Bezirksausschuss-Arbeit die Digitalisierung in Form von papierlosem Arbeiten noch nicht ganz umgesetzt ist. Was verstehen Sie generell unter dem Begriff „Digitalisierung“?
Guten Tag Frau Mirlach. Ja, als Vorsitzender vom Unterausschuss Planung im Bezirksausschuss Au-Haidhausen habe ich viel mit Bauplänen zu tun. Wir nutzen die städtische Kooperationsplattform und treffen uns in Videokonferenzen. Zur Abstimmung von Bauplänen, die nicht digital erfasst werden können, sind Präsenzsitzungen aber häufig noch notwendig. Digitalisierung ist für mich ein Oberbegriff. Im Prinzip bedeutet es, alles möglichst papierlos zu erledigen, zu dokumentieren und zu archivieren.
Auch wenn ich nicht zur Generation gehöre, die mit der Digitalisierung aufgewachsen ist, hatte ich beruflich viel mit der elektronischen Datenverarbeitung, kurz EDV, zu tun. Ich habe zum Beispiel seit 1970 meine Baustellen per EDV abgerechnet, anfangs überwiegend noch mit Hilfe von Lochkarten. 1985 habe ich dann für unseren ersten EDV-Arbeitsplatz einen Atari gekauft und die Zahlen mit einem Datenbankprogramm aufbereitet. Seither überlegte ich ständig, wie ich mir mit Hilfe der EDV das Leben erleichtern kann. Generell muss das immer die Motivation von Digitalisierung sein: Erleichterungen für die Menschen.

Heinz-Peter Meyer, Foto privat
Digitalisierung im Alltag: Mit dem PC online
Welche Vorteile ziehen Sie persönlich aus der Digitalisierung und was sehen Sie eher skeptisch?
Ich nutze überwiegend Rechner, Bildschirm, Videokamera und Kopfhörer. Meine Kontakte und generell der digitale Austausch laufen bei mir über E-Mail. Mittlerweile habe ich mich auch an die vielen virtuellen Treffen via Videokonferenzen gewöhnt. Ab und an nutze ich YouTube, um mir Erklärvideos anzuschauen und ich informiere mich mehr und mehr über das Internet. Grenzen ergeben sich bei Diskussionen und förmlichen Abstimmungen, wie derzeit auch im Zuge der Diskussion um das Streaming von Sitzungen des Stadtrats zu erleben ist. Ich bin gespannt, was hier noch kommt. Dennoch, ich bin Fan von beidem:
Analoges und Digitales zu ermöglichen. Das macht es aus. Gerade wenn es um ein „Vertrauensverhältnis“ geht, sollten analoge Formate bestehen bleiben.
Mein Smartphone nutze ich überwiegend zum Telefonieren. Das liegt daran, dass der Bildschirm, um etwa E-Mails zu lesen viel zu klein und damit unpraktisch ist. Aber natürlich habe ich auch Apps wie zum Beispiel die Corona-App, Zeitungs-Apps, Wetterwarnungen, Deutsche-Bahn-Navigator, MVG-Fahrinfo et cetera.
Skeptisch und zurückhaltend bin ich, wenn es um die digitale Übermittlung meiner Gesundheitsdaten geht. Bei allem was „Vertrauenssache“ ist und nicht von Suchmaschinen gefunden werden soll, bin ich sehr kritisch. Da spreche ich für viele aus meiner Generation. Mein Grundsatz ist: Ich will entscheiden, was von mir preisgegeben wird und was ich anfrage.
Die Zeitung schlummert bestimmt bei Ihnen mittlerweile im Briefkasten und Sie nutzen Online-Banking?
Ja, ich muss sagen, digital ist hier schon bequemer, da ich im 4. Stock wohne. Auch am Bildschirm lesen ist deutlich einfacher. Zum Online-Banking wurde ich eher getrieben, da immer mehr Bankfilialen schließen. Für viele aus meinem Bekanntenkreis ist das mittlerweile zu einem Problem geworden. Denn auch Banksachen gehören zu den angesprochenen Vertrauensangelegenheiten.
Digitale Teilhabe ist Aufgabe aller
Wie würden Sie „digitale Teilhabe“ erläutern?
Digitalisierung nimmt mittlerweile Einfluss auf nahezu alle Lebensbereiche, wobei vieles unbewusst abläuft. Digitale Teilhabe ist dabei immer eine Frage des technischen Mittels, das mir zur Verfügung steht. Das zeigt sich zum Beispiel, wenn ich ohne Smartphone oder ohne Internet-Vertrag plötzlich abgehängt werde. Wenn ich vielleicht keinen Parkschein mehr lösen kann, weil Münz- oder Kartenzahlung nicht mehr möglich ist.
Und natürlich bedeutet digitale Teilhabe auch, dass ich die technischen Mittel wirklich nutzen kann. Voraussetzung für die Teilhabe an der digitalen Welt ist eine Einweisung. Denn die ersten Erfahrungen sind ausschlaggebend für das künftige Nutzungsverhalten. Nicht alleingelassen zu werden und einen persönlichen Nutzen ziehen, das gehört alles zum Feld der digitalen Teilhabe. Alle, auch wir Mitglieder in den Bezirksausschüssen, sind bei dem Thema gefordert.
Aber der Umgang mit digitalen Anwendungen soll ein „Kann“, nicht Zwang oder Druck sein. Für mich als technisch interessierten IT-Nutzer wäre es ein Rückschritt, wenn ich plötzlich alles nur noch über das Smartphone erledigen könnte. In diesem Fall wäre ich und wären viele meiner Bekannten digital abgehängt. Wobei nicht immer Seniorinnen und Senioren die potenziell Abgehängten sind. Oft spielt die Einkommenssituation die entscheidende Rolle.
Wünsche für die Zukunft
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Ich wünsche mir, dass vieles einfacher wird. Das fängt schon bei der Sprache an! Es ist wichtig sich Zeit zu nehmen, komplexe Sachverhalte verständlich zu formulieren und Informationen einfach auffindbar zu machen. Bei vielen Bevölkerungsgruppen wäre es zudem sinnvoll, sie mit „leichter Sprache“ in die digitale Welt und deren Hardware einzuführen. Das gilt auch für die Angebote der Stadtverwaltung.
Menschen mit geringem Einkommen sollten mehr kostenlosen Zugang zu öffentlichen PCs haben, wie es ihn heute bereits in den Stadtbibliotheken gibt. Es sollte mehr digitale Erfahrungsorte geben, in denen ein Umfeld des Vertrauens geschaffen wird. Fragen dürfen nicht peinlich sein, sondern Teil einer Lernkultur, um gute Erfahrungen mit digitalen Anwendungen machen zu können. Anlaufstellen, die Hilfestellung geben, sollten leicht zugänglich sein und gut bekannt gemacht werden. Damit Menschen gerne dort hingehen und sich nicht als „digital Abseitsstehende“ fühlen müssen.
Sei #mITdabei
Auf unserem Blog porträtieren wir künftig regelmäßig inspirierende Persönlichkeiten mit ihrer Geschichte zu den Chancen der Digitalisierung im Alltag und vor allem der digitalen Teilhabe. Sie möchten Ihre Erfahrungen gerne mit uns teilen? Wir laden Sie herzlich ein, sich bei uns per E-Mail zu melden: bdr.rit@muenchen.de.
Über den Autor
Heinz-Peter Meyer ist Bauingenieur im Ruhestand. Er engagiert sich als Vorsitzender des Unterausschusses „Planung“ im Bezirksausschuss Au-Haidhausen, ist überdies Mitglied der Seniorenvertretung und im Mieterbeirat aktiv. Privat nutzt er überwiegend seinen PC und für die Arbeit im Bezirksausschuss auch die städtische Kooperationsplattform.
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