CDO Thomas Bönig: Open Source als Strategie mit hohem Potenzial

7. Juli 2021
Ein Beitrag von Thomas Bönig

Das IT-Referat geht neue und innovative Wege im Bereich Open Source. So soll die in Kooperation mit der UnternehmerTUM gegründete Open Source Factory (OSF) Start-ups attraktive Geschäftsmodelle ermöglichen, die auf innovativer offener Software basieren. Eine gute Gelegenheit, dass CDO und IT-Referent Thomas Bönig die Bedeutung von Open Source für die Stadt nochmals herausstellt:

Public money, public code

In der IT Münchens ist die strategische Integration von freier Software, Frameworks und anderen Komponenten in der Entwicklung. Aber auch kommerzielle FOSS-Produkte (Free / Libre Open Source Software) sind seit vielen Jahren im Einsatz. Dies wurde nun auch in der Koalitionsvereinbarung (PDF, 434 KB) unter dem Titel „Mit Mut, Visionen und Zuversicht: Ganz München im Blick“ für die Stadtratsperiode 2020 bis 2026 manifestiert. Die Koalitionsvereinbarung beinhaltet darüber hinaus den Auftrag an die Stadtverwaltung, nach dem Prinzip “public money, public code” zu handeln. Das bedeutet: Alle FOSS-Software aus Eigen- und Weiterentwicklungen sind zu veröffentlichen, sofern diese frei von Rechten Dritter sind. Dieses Prinzip wurde bei der Stadt München schon immer gelebt, wird jetzt aber dank der politischen Unterstützung deutlich verstärkt.

Ein gelungenes Beispiel für die Umsetzung freier Software ist die Web-App COVe (COVID-19-Verdachtsfall-Verwaltung) als Unterstützung für das Gesundheitsreferat München. Innerhalb einer Woche hat das Team “Competence Center Software Engineering” des IT-Referates die Web-App programmiert und live gesetzt. Über 300 Anwenderinnen und Anwender und 20.000 Personen konnten davon profitieren, dass die telefonische Begleitung von Index- und Kontaktpersonen sowie Einreisenden deutlich effizienter gestaltet werden. Um andere Kommunen und Behörden in Zeiten von Corona zu unterstützen, hat it@M den Quellcode auf der Plattform GitHub öffentlich gemacht. Dieser kann so kostenlos genutzt werden.

Open Source Expertise in München

Aktuell hat der Stadtrat nochmals bekräftigt, dass die IT Münchens verstärkt auf offene Software setzt. Wir haben hier dazu ausführlich berichtet. Das ist gut, denn mit freier Software können wir IT-Services herstellerunabhängig nutzen, betreiben aber auch weiterentwickeln.

Der Einsatz von Open Source ist für die Landeshauptstadt München eine strategische Option zur Absicherung der digitalen Souveränität. Wir setzen, immer wenn es technisch und finanziell möglich ist, auf offene Standards und Software, um absehbare Herstellerabhängigkeiten zu vermeiden. Bei it@M, unserem digitalen Service Provider der Landeshauptstadt München, sind zahlreiche freie Softwarekomponenten im Einsatz, vor allem im Serverbereich. So bauen die Beschäftigten im IT-Referat die Kompetenz für einen souveränen und herstellerunabhängigen IT-Betrieb auf. Sie nutzen dabei die Expertise zahlreicher Herstellerfirmen für freie Software – sowohl von globalen Playern aber auch von Firmen aus dem regionalen Umfeld.

Offene Schnittstellen für mehr Unabhängigkeit

Moderne IT-Services bestehen aus zahlreichen sich ergänzenden Technologien, Komponenten und Diensten und bilden oft komplexe digitale Ökosysteme in Form von Plattformen ab. Neben der Nutzung freier Software sind daher vor allem auch offene Standards wichtig. So können Anwendungen nahtlos mit anderen, bestehenden IT Services zusammenarbeiten. Dadurch erhöht sich die Kompatibilität und stellt nochmals mehr sicher, dass wir nicht an Produkte von einem herstellenden Unternehmen gebunden sind.

In Münchens Software-Architektur haben freie Software und offene Standards ihren festen Platz, vor allem bei Diensten im Internet: Linux ist hier ein führendes Serverbetriebssystem, aber auch ein überwiegender Teil der Webserver, Datenbanken, Programmiersprachen oder Content-Management-Systeme werden als freie Software zur Verfügung gestellt. In Zukunft werden IT- oder digitale Services vermehrt in der Cloud verankert sein. Offenen Standards werden dabei zunehmend wichtiger.

Open Source als Basis für IT-Sicherheit

Die Nutzung freier Software ermöglicht neben der Unabhängigkeit von Herstellern auch mehr Sicherheit. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik empfiehlt in seiner strategischen Position den Einsatz von freier Software und offenen Standards, um die Sicherheit beim Einsatz der vielfältigen Betriebssysteme und Applikationen zu verbessern:

Anpassbarkeit und Software-Vielfalt sowie die Verwendung offener Standards bieten eine Basis für IT-Sicherheit. […] Der Einsatz von FOSS bietet per se keine Gewähr für ein sicheres System. Er bietet in diesem Prozess jedoch bedeutende strategische Vorteile.​

Offene Quellen geben allen Nutzerinnen und Nutzern, aber vor allem der internationalen IT-Security Community die Möglichkeit, Schwachstellen frühzeitig aufzudecken. Sicherheitsteams, wie beispielsweise Googles Project Zero, überprüfen offene Software kontinuierlich und bieten damit ein Qualitätsmerkmal, welches Herstellerfirmen ansonsten erst kosten- und zeitintensiv aufbringen müssten.

Frei heißt nicht kostenlos

Wird freie Software in München genutzt, bedeutet dies nicht automatisch, dass diese auch kostenlos betrieben oder eingesetzt werden kann. Wenn freie Software implementiert oder angepasst wird, entstehen grundsätzlich immer Kosten. Professioneller Support für freie Software ist daher als Dienstleistung zu werten. Zahlreiche Unternehmen bieten in diesem Bereich unterschiedliche Geschäftsmodelle an und spezialisieren sich auf Beratung oder Support für bestimmte freie Software, wie zum Beispiel für LINUX. Dennoch:

Langfristig gesehen lohnen sich die Aufwände für den Einsatz freier Software, da das Münchner IT-Referat als interner IT-Service-Provider für die kommunale Verwaltung damit mehr digitale Souveränität garantieren kann.

Open Source Factory: echte Mehrwerte schaffen

Ein wichtiges Ziel der Digitalisierung der Landeshauptstadt München ist die Schaffung von digitalen Angeboten für die Münchner Stadtgesellschaft. Um den Einsatz von innovativen Lösungen auf Basis von Open Source Software zu forcieren, entstand die Idee zur Gründung der Open Source Factory (OSF) in Kooperation mit UnternehmerTUM.

Mitarbeitende der Landeshauptstadt und externe Talente entwickeln in cross-funktionalen Teams systematische Innovationen auf Open Source Basis. Ist die Produktlösung generisch genug, um sie für andere Städte anzubieten, erfolgt im zweiten Schritt eine Weiterentwicklung durch die jeweiligen Gründerteams. Mit diesen neuen Strukturen gelingt es uns, die Digitalisierung breit und professionell nutzbar zu machen.

Der Auftrag des Münchner Stadtrats gibt der IT unserer Stadt damit eine strategische Ausrichtung und Perspektive sowie die Sicherheit, die bisherige Praxis fortzuführen, die der Stadtgesellschaft großen Nutzen bringen wird. Die Grundidee von freier Software bedeutet für mich:

Durch Open Source gemeinsam Besseres zu erreichen, ist eine sinnvolle souveräne Entscheidung für die Stadt München.

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