Wie geht es Menschen, die ihr Auto abgeben und dafür ein Budget für öffentliche Verkehrsmittel, Taxi, Mietwagen und Sharing-Angebote erhalten? Wie lässt sich die dabei eingesparte Parkfläche sinnvoll nutzen? Mit dieser Fragestellung startete im Sommer das Forschungsprojekt UMPARKEN. Acht Haushalte in Schwabing-West machten mit und ließen vier Wochen ihren eigenen Pkw am Stadtrand stehen. In persönlichen Interviews und Online-Umfragen wurden die Erfahrungen festgehalten, um daraus Empfehlungen für die Stadt und die Partnerorganisationen abzuleiten. Ein Fazit:
Schwabing-West war hervorragend geeignet als UMPARKEN-Testviertel: Es hat die höchste Dichte an privat zugelassenen Pkw in München und die Parkplatzsituation gilt als schlecht bis sehr schlecht.
An einer kleinen Grünanlage an der Ecke Hiltensperger- und Hohenzollernstraße empfahl sich eine kurze Querstraße als gut geeignet für die temporäre Umgestaltung der dort ausgewiesenen vier Parkplätze.
Forschung, Industrie, Start-ups, Stadtverwaltung – ein Experiment mit vielen Beteiligten
Idee und Konzept zu UMPARKEN kamen vom Digital Hub Mobility. Der ist Teil der deutschlandweiten Digital Hub Initiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie und beim Gründerzentrum UnternehmerTUM angesiedelt. Im Rahmen des Co-Innovations-Formats “Citizen Mobility” arbeiteten folgende Partnerorganisationen am Experiment mit:
- die Universität der Bundeswehr (UniBW),
- die BMW Group und der Automobilzulieferer Aisin,
- seitens der Stadtverwaltung das Referat für Arbeit und Wirtschaft, das Kreisverwaltungsreferat und das IT-Referat
- sowie verschiedene Start-ups rund um das Thema Mobilität, die wir weiter unten vorstellen.
Wichtigste Akteure im Forschungsprojekt UMPARKEN waren aber die acht Haushalte, die sich nach einem Aufruf freiwillig gemeldet hatten. Darunter Familien und Paare. Für die autofreie Zeit bekamen sie jeweils ein Budget von 300 Euro pro Haushalt. Das konnten sie nach eigenen Wünschen für Alternativen wie öffentlicher Nahverkehr, Taxi, Mietwagen oder Sharing-Angebote nutzen.
Start-ups im Einsatz bei UMPARKEN
Bei der Umsetzung kamen Start-ups und ihre digitalen Lösungen ins Spiel:
Moovster, ursprünglich als Projekt in der Digital Product School der UnternehmerTUM gestartet, lieferte eine App, die es den Menschen ermöglichte, ein definiertes Mobilitätsbudget zu verwalten. Im UMPARKEN-Projekt wurde die App um Mobilitätsinformationen von Veomo erweitert.
Veomo fasste für den UMPARKEN-Standort alle verfügbaren Mobilitätsdienste zusammen und zeigte die aktuellen Abfahrtzeiten in der App an. In der Regel versorgen Gewerbeimmobilien, Bahnhöfe oder Messen ihre Gäste mit solchen Informationen auf großen Monitoren. Eine Outdoor-Präsentation wie am Hiltensperger Platz war ein Novum.

evhcle, ein Anbieter für stationäre geteilte Elektromobilität, nutzte das Experiment UMPARKEN, um die Akzeptanz seiner Elektro-Kickscooter zu testen. Auch sie wurden in die gemeinsame App eingebunden.
Velohub ist eine Initiative des Design-Büros Designit. Das Velohub-Team brachte sich in die testweise Umnutzung der Parkplätze ein. Dabei kam prototypisch ein selbst entwickeltes modulares System zum Einsatz, das skalierbare Einheiten für Mobilität, Gemeinschaft, Grün und Service umfasst. Im Experimentierraum entschied man sich für eine Kombination aus Sitzgelegenheiten, Abstellplätze für Fahrräder und E-Scooter sowie Kräutergärten.
Erkenntnisse und Hypothesen aus UMPARKEN
In einer öffentlichen Abschlussveranstaltung teilte das Projektteam viele spannende Einblicke. Insgesamt lässt sich festhalten, dass UMPARKEN die Ergebnisse von vorangegangen Studien und Umfragen der Projektpartner bestätigt hat:
- Viele Menschen kommen im Alltag einer Stadt wie München gut mit Fahrrad und öffentlichen Verkehrsmitteln zurecht.
- Am eigenen Pkw schätzen viele den Luxus, am Wochenende ins Grüne oder auch mal in den Urlaub zu fahren. Alternativen wie Mietauto werden als teuer empfunden.
- Bessere Wochenendangebote vorausgesetzt, läge das Potenzial für das Abschaffen des privaten Pkw in der dicht besiedelten Innenstadt bei einem Drittel.
Zudem ist ein Ergebnis, dass die im Experiment eingesetzte Technik insgesamt gut angenommen wurde. Dennoch: Für weniger digital Bewandte stellte die Anmeldung bei einzelnen Mobilitätsanbietern eine Hürde dar.
Für die Parkplatzumgestaltung gab es viel Zustimmung im Viertel, aber auch kritische Stimmen, die lieber die ursprünglichen Parkplätze beibehalten hätten. Enge Zusammenarbeit und umfangreiche Kommunikation, so eine weitere Erfahrung, sind bei solchen Projekten wichtige Schlüssel für Akzeptanz.
Die vielleicht beste Schlussfolgerung kam von den UMPARKEN-Teilnehmenden: Drei der acht teilnehmenden Haushalte beschlossen nach Abschluss des Experiments, in Zukunft ohne eigenes Auto zu leben.
Viele weitere Informationen gibt es auf der UMPARKEN-Webseite:
Ich bin auch langjähriger Statt-Auto Nutzer!
Hallo,
wenn ich richtig sehe, ist dort das Angebot von so einem langjährigen Mobilitäsdienstleister wie Stadtauto-München nicht enthalten, richtig?
Dabei ist stationäres Carsharing noch etwas besser als die anderen nichtstationären, da dort Parksuchverkehr entfällt und das Angebot viel mehr Fahrzeugoptionen und Ausstattungsmerkmale (auf Anforderung Kindersitz, Schneeketten, Dachbox) enthält (Miniklasse, Kompaktklasse, Kombi, 9-Sitzer, Transporter klein und groß…).
Das fände ich als jemand, die schon seit mehr als 30 Jahren auf ein eigenes Auto verzichtet nicht angemessen!
Viele Grüß!