6. August 2021

Kartierung aller Rückwärtsfahrten der Münchner Müllfahrzeuge!

Warum? Um Unfälle möglichst auszuschließen, erhalten die Fahrerinnen und Fahrer des Abfallwirtschaftsbetriebs München (AWM) digitale Unterstützung.

Rückwärtsfahrten: Ungeliebt, aber manchmal unvermeidbar

Rückwärtsfahrten von Lastkraft­wagen sind gefährlich. Für die mächtigen Müllwagen gilt das ganz besonders. Um Unfälle dennoch möglichst auszuschließen, erhalten die Fahrerinnen und Fahrer des Abfall­wirtschafts­betriebs München (AWM) digitale Unterstützung. Derzeit wird eine weitere Sicherheitsebene aufgebaut: Nach und nach werden alle Rückwärtsfahrten aufgezeichnet, analysiert und bewertet. So entstehen ein vollständiges Rückwärtsfahr­kataster und eine App, die Mülleinsammel-Teams mit präzisen Ortshinweisen versorgt. Ein Beitrag der Serie #ITforMUC:

Rückwärtsgang einlegen. Das Warnsignal beginnt zu piepen. Alle Außenspiegel im Blick, den Handzeichen des Einweisers folgen, langsam zurückfahren. Plötzlich wie aus dem Nichts, taucht ein Fahrrad aus einer Seitenstraße auf. Der Fuß saust reflexartig auf die Bremse. Nichts passiert, einmal tief durchatmen …

Im Cockpit der Lkw sind Rückwärtsfahrten ebenso unbeliebt wie bei Verkehrs­teilnehmenden, auf die so ein schweres Ding rückwärts zurollt. Es fühlt sich gefährlich an und ist es auch. Deshalb gilt als Branchenregel der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung: Rückwärtsfahrten sind grundsätzlich zu vermeiden. Weil das aber nicht immer möglich ist, hat sich das AWM für den Aufbau eines Rückwärtsfahr­kataster entschieden.

Das geht mit einer digitalen IT-Unterstützung einher: Jedes Müllsammel-Fahrzeug erhält ein neues Smartphone nach LHM-Standard. Nach erfolgter Ausschreibung wurde die Firma INFA beauftragt, die benötigten Apps sowie Cloud- und Web-Infrastruktur bereitzustellen. Unter­stützung bei der Integration der neuen Komponenten in die Fach­anwendungen und Prozesse, zu den Mobilfunk-Komponenten und zur IT-Sicherheit leistet der interne IT-Dienstleister it@M.

Erfassung und Bewertung der Rückwärtsfahrten

Foto: Landeshauptstadt München, AWM Laufende Aufzeichnung einer Rückwärtsfahrt. Daneben der Monitor des Rückfahr-Assistenzsystems

Die Fahrerinnen und Fahrer sind nicht nur Adressaten der App-Informationen, sie spielen bereits bei deren Aufbau eine maßgebliche Rolle. Zum Beispiel Egon Libera, der als Lkw-Fahrer bei der Pilotierung dabei ist:

Bei jeder Rückwärtsfahrt startet er die Aufzeichnung der Fahrspur in der Datenerhebungs-App. Diese speichert die Strecke mit Datum und Uhrzeit und ergänzt dabei automatisch Straßenname und Länge. Noch vor Ort überprüft Egon Libera diese Informationen, etwa auf Korrektheit der Hausnummern. Dann bewertet er das Gefährdung­s­potenzial für potenzielle Personen- und Sachschäden der Rückwärtsfahrt: gering, mittel oder hoch? Zudem notiert er die kritischen Faktoren wie „schmale Sackgasse“, „starker Bewuchs“ oder „aktuell Baustelle“.

Anschließend überprüfen geschulte Sachbe­arbeiterinnen und Sachbearbeiter die Situation zum Beispiel mithilfe der Informationen des Digitalen Zwillings oder auch vor Ort. Dabei eruieren sie, ob die Rückwärtsfahrt vermieden werden könnte, indem beispielsweise durch ein Haltverbot eine Wendemöglichkeit gefunden wird. Bleibt es bei einer Rückwärtsfahrt, lässt sich vielleicht durch das Zuschneiden einer Hecke die Sicht verbessern. Die Gefährdungs­beurteilung wird durch weitere Erkenntnisse ergänzt, etwas Hinweise auf nahe Kindergärten.

Gespickt mit diesen Informationen kann das Smartphone in Zukunft als weiteres Sicherheits-Werkzeug fungieren: Wird eine Rückfahrstrecke angefahren, meldet sich dann automatisch eine Warn-App mit allen zu beachtenden Hinweisen.

Rudi Rückwärts ist immer dabei

Foto: Landeshauptstadt München, AWM Gezeichneter Müllmann lehnt an einem Smartphone mit Müllwagen

Um alle Fahrerinnen und Fahrer mit der technischen Neuerung vertraut zu machen, gibt es eine engmaschige interne Kommunikation. Dazu gehören ein Newsletter, ein in allen Medien präsentes Maskottchen namens Rudi Rückwärts und Schulungen. In einem Informationsvideo werden verschiedene Gefahrenlagen und Beispiele für umsichtiges Rückwärtsfahren in Drohnen­aufnahmen aus der Vogel­perspektive gezeigt.

Bereits heute sind fast alle Lkw des AWM mit Abbiege-Assistenten ausgestattet. Zusätzlich verfügen bereits viele über ein Rückfahr-Assistenzsystem, das Gefahren selbständig erkennt, warnt und bei Gefahr automatisch abbremst. Das zukünftige Rückwärtsfahr­kataster, die damit verbundene systematische Analyse von Gefahren und Verbesserungs­potenzialen und die Warn-App bilden einen weiteren Baustein einer ganzheitlichen IT-Sicherheits­architektur des Abfall­wirtschafts­betriebs München.

Ein Beitrag von:

Karin Falter
AWM, Entsorgungs­dienstleistungen, Innovationen und Projekte

Elisabeth Wagner
Content Managerin